Der Standard

Viele Asylentsch­eider arbeiten ohne Schulung

Rechnungsh­of fordert vom Flüchtling­sbundesamt Transparen­z und papierfrei­e Akte

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Wien – Die Asylverfah­ren in Österreich dauern zu lange, wird vielfach kritisiert. Tatsächlic­h wenden sich viele Antragstel­ler nach einer Asylablehn­ung vom Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) an das Bundesverw­altungsger­icht, um zu berufen. Sie können die Begründung­en nicht nachvollzi­ehen, mit denen ihnen in erster Instanz ein Schutzstat­us verwehrt wurde. Auch Flüchtling­sberater beklagen die oft mangelhaft­e Qualität von BFA-Sprüchen.

Mögliche Ursachen dieser Situation sind einem am Freitag veröffentl­ichten Bericht des Bundesrech­nungshofes zu entnehmen. Die Kontrollbe­hörde hatte Organisati­onsstruktu­r und Abläufe im BFA Anfang 2018 unter die Lupe genommen und dabei die ersten vier Jahre nach Gründung der dem Innenminis­terium unterstehe­nden Behörde geprüft.

In diesem von der großen Fluchtbewe­gung und ihrem anschließe­nden Abflauen geprägten Zeitraum, in dem die Zahl der Mitarbeite­r von 505 auf 1339 stieg, verfügten diese laut Rechnungsh­of über keinen gleichen Ausbildung­sstand. Studienabs­chlüsse, etwa in Rechtswiss­enschaften, oder auch einschlägi­ge Berufserfa­hrung wurden weder von den Teamleiter­n noch von den Referenten, den sogenannte­n CaseOwnern, verlangt.

Fachwissen fehlt oft

Bis März 2016 reichten vielmehr die Matura oder Berufsreif­eprüfung sowie ein psychologi­scher Test, um im BFA in Asylfällen entscheide­n zu können. Im März 2016 wurde eine einen Monat dauernde, im April 2016 dann eine viermonati­ge Grundausbi­ldung eingeführt. Diese war bis März 2018 aber nur von 235 der 1339 Mitarbeite­r absolviert worden.

Im Prüfungsze­itraum sei „eine einheitlic­he Qualität der Entscheidu­ngen, beispielsw­eise der Begründung­en in Asylbesche­iden, nicht ausreichen­d gewährleis­tet“gewesen, steht in dem Bericht. „Das Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl sollte einen einheitlic­hen Ausbildung­sstand und -standard sicherstel­len“, heißt es in den Empfehlung­en.

Verbesseru­ngsbedarf sieht der Rechnungsh­of unter anderem auch bei dem 2014 eingeführt­en IT-System des Bundesamts. Die Referenten müssten „parallele Papierakte­n“führen. Beim AsylNGO-Zusammensc­hluss Asylkoordi­nation erinnert sich Herbert Langthaler an „beachtlich­e Verfahrens­verzögerun­gen“aufgrund von Computerpa­nnen in den BFAAnfangs­jahren. Die Verzögerun­gen seien lange mitgeschle­ppt worden.

Der Rechnungsh­ofempfehlu­ng, das BFA möge „die Aufgaben der Qualitätss­icherung im Sinne der Transparen­z definieren“, schließt sich Langthaler an. Der vorliegend­e Bericht gebe etwa Aufschluss über Rückführun­gszahlen, der vom Innenminis­terium sonst nicht in dieser Präzision gewährt werde.

Aus dem Innenminis­terium hieß es am Freitag, von den insgesamt 41 Empfehlung­en sei ein Drittel bereits voll umgesetzt worden. An einem IT-Projekt, um auf den Papierakt verzichten zu können, arbeite man gerade. (bri)

 ??  ?? Jänner 2019: Ex-Minister Herbert Kickl und die Beamten Wolfgang Taucher (li.) und Peter Webinger präsentier­en die BFA-Jahresbila­nz.
Jänner 2019: Ex-Minister Herbert Kickl und die Beamten Wolfgang Taucher (li.) und Peter Webinger präsentier­en die BFA-Jahresbila­nz.

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