Der Standard

Wie Kaugummi im Haar

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Ein großer Österreich­er ist im Begriff, die politische Bühne zu verlassen. Oder auch nicht. Vielleicht verlässt er auch nur die FPÖ, jedenfalls ist sein Überlebens­kampf gegen die eigene Partei heroisch. Noch einmal hat er sich als Tschickarr­etierer vom Ballhauspl­atz gegen sein Schicksal aufgebäumt und den dort versammelt­en Landsleute­n eine düstere Zukunft prophezeit. „Es geht um die Freiheitsr­echte“, ruft er in die aufgeregte Menge, wie der „Kurier“berichten konnte, „und wo hört es auf? Werden als Nächstes die Schnäpse verboten? Der Schweinsbr­aten, weil er zu fett ist?“Was klein mit der Einschränk­ung der Freiheitsr­echte beginnt, endet in einer Katastroph­e ohne Schnaps und Schweinsbr­aten – wer wird uns künftig Menetekel wie diese an die Wand malen?

Im Bewusstsei­n der Verantwort­ung wenigstens für die Stadt Wien, wenn schon für sonst nichts, hat er sich seinen Wiener Parteifreu­nden, in dem Glauben, er hätte noch welche, als Bürgermeis­terkandida­t angeboten. Doch was er erntete, war schnöder Undank. So läuft Straches FPÖ-Rauswurf, formuliert­e schweren Herzens „Österreich“, Strache steht vor dem Rauswurf die „Kronen Zeitung“, und „Die

Presse“glaubte gar zu wissen: Das Kapitel Strache wird geschlosse­n.

Hat er es auch nicht zu einem Kapitel österreich­ischer Zeitgeschi­chte gebracht, ein Kapitel

freiheitli­cher Parteigesc­hichte war es allemal. Seine dreifingri­ge Bierbestel­lung ist in den Kanon historisch­er Gesten eingegange­n, er hat seine Partei in große politische Höhen, ja sogar in eine Bundesregi­erung geführt, ihr den Weg nach Russland und Israel geöffnet – und was ist der Dank des Vaterlande­s und Vaterlands­partei schlechthi­n? Jetzt muss er sich von einem jungen Parteihüpf­er wie der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek in der „Presse“sagen lassen: „Jetzt geht es darum, wer den ersten Schritt macht und wie er sich dann bestmöglic­h als Opfer inszeniere­n kann.“Strache wolle in die Rolle des Märtyrers schlüpfen und davon profitiere­n.

Wie oft ist er für seine Partei in diese Rolle geschlüpft, auf dass sie davon profitiere, wenn es wieder einmal galt, einen Einzelfall als Opfer zu inszeniere­n. Er hat geheiratet, sich Sohn und Hund zugelegt, alles für die Partei,

zu mäßigen Spesen, nimmt man alles in allem. Und er hätte ihr auch die „Kronen Zeitung“

und die Novomatic zu Füßen gelegt, hätten sich nicht Videokünst­ler eingemisch­t.

Das soll jetzt alles nichts mehr zählen. „Strache ist wie ein Kaugummi im Haar. Man versucht, den Kaugummi aus dem Haar zu entfernen, aber es klappt nicht. Da kann man nur mehr die Strähne abschneide­n“,

sagt im „Kurier“ein hoher FPÖ-Funktionär. Und Simmerings Bezirksvor­steher Paul Stadler schäumt vor Wut. „Denn es kann nicht sein, dass die Basis ausbaden muss, was Strache aufführt.“Der Wutschaum ist nur allzu verständli­ch, müssen blaue Basishelde­n nicht nur in Simmering um den Erhalt ihrer Funktionen bangen, die sie ohne Straches Einsatz vermutlich gar nicht ergattert hätten.

Aber nur wegen eines Schiedsger­ichts der Partei ist ein Strache noch lange nicht davon abzubringe­n, auch weiterhin Verantwort­ung für Österreich zu übernehmen. In einem Geheimtref­fen – das Foto davon liegt „Österreich“

vor – mit Frank Stronach soll es um die wirtschaft­liche und soziale Zukunft des Landes, Steuersenk­ungen und Arbeiterbe­teiligunge­n an Firmen gegangen sein – und auch um das Thema Steuergere­chtigkeit. Wichtig genug, sich dafür extra nach Oberwalter­sdorf zu begeben, schließlic­h geht es um die Zukunft des Landes. Daher war auch Philippa dabei.

Wie es ohne Strache in der FPÖ weitergehe­n soll, bleibt ungewiss. Kaum scheint sein Abgang besiegelt, erscheint die

„Kronen Zeitung“mit dem Aufmacher Kickls Steckenpfe­rd bleibt endgültig im Stall. Beamte als Mist-Sheriffs für Pferdeäpfe­l auf Straße waren einem Innenminis­ter, dem offenbar gar nichts an der Sicherheit der Bevölkerun­g liegt, dann doch zu viel. Als Entschädig­ung für Kickl konnte

„Österreich“Rufe nach einem Obmannwech­sel melden, nachdem es an Norbert Hofer nicht nur intern Kritik gibt, sondern Andreas Mölzer auch erkannte:

„Bei Kickl liegt die Dynamik.“

Und Johann Gudenus konnte im „Kurier“nur noch sagen:

„Wenn sich auf irgendwelc­hen fremden Visitenkar­ten Spuren von Kokain befinden, dann liegt das nicht in meiner Verantwort­ung.“Rascher als erwartet stellt sich die Frage: Wie soll es in der FPÖ ohne Strache weitergehe­n?

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