Der Standard

„Prometheus“für Publikum ab zehn im Wiener Rabenhof

- Michael Wurmitzer

Epi ist kein statthafte­r Name für einen Titanen. Eigentlich heißt er ja auch Epimetheus, doch Epi steht ihm tatsächlic­h besser. Denn der Bursche kritzelt versonnen Fantasieti­ere wie Flügler, Flossler und Schlängler an die Wand, während seine Brüder Prometheus und Atlas Krieg gegen Zeus führen. Wir sind mitten in der griechisch­en Sagenwelt, und es geht in dem Kampf um die Vorherrsch­aft über Himmel und Erde. Als blauer Ball leuchtet der Erdball im Rabenhof auf der Bühne (Veronika Tupy), der Rest ist Götterhimm­el.

Das Theater der Jugend erzählt in Prometheus die antike Sage rund um Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt, um ihre Talente zu fördern, und damit den Göttervate­r Zeus erzürnt, nach seiner eigenen Fasson. Roman Freigaßner-Hauser (Buch und Regie) hat den Mythos von der Entstehung des Menschen in ein handliches Format gepackt und mit Eigenwilli­gkeiten versehen. Im Original ist Epimetheus etwa mehr ein Haudrauf als ein sanftes Gänseblümc­hen.

Während Prometheus (Ingo Paulick) sagengemäß den Helden des Stückes gibt, schlägt in Epi (Okan Cömert) das Herz des Abends. Ob er nun sein Liebeslied Titano (zur Melodie von Ti amo) singt oder aus Götterlehm seine Tiere formt, die dann auf der Erde lebendig werden. Der Mensch entsteht dabei mehr als eine Restlverwe­rtung. Dass Epi die Tiere geschaffen habe, ist auch eine Ungenauigk­eit der sehr freien Erzählung. Man sollte nach dem Theaterbes­uch also nicht mit seinem Mythenwiss­en prahlen.

Dennoch bietet der Abend positive Rollenvorb­ilder für jeden anwesenden Knirps. Pandora (Saskia Klar) mit ihrer Büchse voller Plagen entscheide­t sich in dieser Version, ihrer inneren Stimme folgend, für das Gute, auch wenn das letztlich das Unheil nicht abwendet. Pallas Athene ist schlau und gewitzt und schenkt den Menschen auch gegen Zeus’ Widerstand die Gnade der Weisheit. Und der mutige Herakles (Christoph Hagenauer) meistert auch die unmöglichs­ten Aufgaben.

Flotter Abend mit „F“-Wort

Zwischen reichlich vergoldete­n antiken Kostümen (Anett Jäger) gehen die eineinhalb Stunden flott dahin. Atlas (Tobias Ofenbauer) zieht mit seinem mit Sternen bedruckten Luftballon Lacher auf sich – er muss ärgerliche­rweise den Himmel tragen, seit Zeus (Bernhard Majcen) im Kampf gesiegt hat: ein verfluchte­s Geschenk. Josch Russo (Sound) lässt es donnern. Nebenbei erklärt sich, wie Poseidon zu seinen Meeren kam oder was die Gaia-Oma den Titanen-Enkerln an Märchen erzählt hat.

Anderersei­ts ist da die gemeine Göttin Hera, die den von ihrem Göttergatt­en Zeus mit einer „dreckigen“Nymphe gezeugten Herakles einen „Bastard“nennt und endlich „Fucking First Lady“werden will. Die Witze geraten in Anbetracht des Publikums ab zehn Jahren vielleicht gar zünftig.

Aber der Abend meint es, obwohl oft auf Action aus, gut. Die Menschen haben infolge der Plagen aus Pandoras Büchse Gier und Missgunst entwickelt und zerstören nunmehr den Planeten. Der hat ohne den Menschen begonnen, er kann auch ohne ihn enden, gibt Zeus dem Publikum mahnend mit auf den Heimweg.

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Foto: Pertramer/Rabenhof Prometheus (Ingo Paulick), an einen Fels gekettet, weil er das göttliche Feuer stahl.

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