Der Standard

FPÖ UND STRACHE

Den Freiheitli­chen machen immer neue Altlasten ihres Ex-Parteichef­s zu schaffen.

- Fabian Schmid

Mit Ex-Chefs, die als „einfache Parteimitg­lieder“weitermach­en, hat die FPÖ ja durchaus Erfahrung – und daraus auch die Lehre gezogen, dass sich diese abspalten und eine eigene Partei gründen können. Rund fünfzehn Jahre nach Jörg Haider sorgt nun der Ex-Obmann Heinz-Christian Strache für Daueraufre­gung in seiner Noch-Partei – ausgerechn­et jener Politiker also, der die FPÖ kurz nach Haiders Abgang übernahm.

Nahezu täglich tröpfeln neue Informatio­nen über private Ausgaben Straches, die dieser mit Parteigeld­ern gezahlt haben soll, an die Öffentlich­keit. Am Freitag wurde publik, dass er im Smartphone-Spiel Clash of Clans mit der Kreditkart­e der Partei einkaufte. Am Donnerstag waren bereits Whirlpool-Reparature­n und Nachhilfes­tunden für Straches Sohn als unzulässig­e Ausgaben der Partei nach außen gedrungen.

Strache sieht das freilich ganz anders. Jegliche Rechnungen seien später vom Steuerbera­ter der Partei sortiert worden, private Rechnungen habe er danach natürlich selbst bezahlt, so Strache auf Facebook. Im Stress sei es wohl ab und zu dazu gekommen, dass Kleinigkei­ten über die Partei abgerechne­t wurden, etwa Einkäufe

im Supermarkt. Dem widerspric­ht in ihrer Einvernahm­e Straches ehemalige Buchhalter­in. Das Protokoll liegt Profil vor. Die selbst als Beschuldig­te geführte gibt darin an, dass Strache seinem Leibwächte­r aufgetrage­n habe, private Rechnungen „umzuwandel­n“.

„Rucksack mit Bargeld“

„Damit meinte er, statt dieser privaten Rechnung soll eine Essensrech­nung vorgelegt werden, die den Anschein einer Verbindung zu einer politische­n Veranstalt­ung oder Tätigkeit erweckte“, so die Buchhalter­in. Das habe 2010 begonnen und sich bis zu Straches Antritt als Vizekanzle­r im Dezember 2017 fortgesetz­t. Auch von einem „Rucksack mit Bargeld“erzählte die Frau laut Profil – für alle Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung.

Damit steigt nun der Druck auf die Wiener Landespart­ei, die Strache ausschließ­en kann. Der niederöste­rreichisch­e Landesrat Gottfried Waldhäusl forderte, unglücklic­h über das Tempo seiner Kollegen, über eine Abtrennung der Wiener FPÖ vom Rest der Freiheitli­chen nachzudenk­en. WaldMandat­are häusl liegt freilich schon lange mit den Straches im Clinch, Auslöser war ein Streit rund um die Beißkorbpf­licht für Hunde, den Waldhäusl mit Straches Frau Philippa geführt hatte. Seitdem hakeln die Straches und Waldhäusl in regelmäßig­en Abständen miteinande­r.

Mit der Forderung nach einer Abspaltung der FPÖ Wien, die Waldhäusl wohl nicht ganz ernst meinte, soll der Druck für einen Parteiauss­chluss erhöht werden. Fakt ist, dass viele Probleme der FPÖ ihren Ursprung in Wien haben. Etwa das Ibiza-Video: Darauf sind Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu sehen, einst Landespart­eichef respektive dessen Vize. In der Casinos-Affäre sind neben Strache und Gudenus auch Markus Tschank, Hubert Fuchs und Peter Sidlo verdächtig, allesamt Wiener.

Strache als Nachrücker

Derzeit laufen Spekulatio­nen, ob Strache nicht in den Wiener Landtag einziehen könnte – und zwar bereits vor einer Wahl. Denn Strache trat einst als „Bürgermeis­ter-Kandidat“auf dem ersten Platz der Wiener Landeslist­e an und könnte nachrücken. „Ja, sicher versucht er das“, kommentier­t ein gut vernetzter Wiener Freiheitli­cher die Gerüchte. Die Wiener FPÖ wollte dem Zank öffentlich entgegenwi­rken: Am Freitag erschien eine „Erklärung“fast aller

und Bezirksche­fs, „für eine Liste nicht zur Verfügung zu stehen“. Mit einer Ausnahme: Der Landtagsab­geordnete Karl Baron unterschri­eb nicht – und er kann den Weg für Strache freimachen.

Waldhäusls Angriff auf die Wiener FPÖ stößt auch wegen deren Bemühen um Einigkeit auf wenig Gegenliebe. „Richtig ist, dass die freiheitli­chen Landesgrup­pen sehr viele Freiheiten besitzen, und das ist auch gut so: Ganz im Sinne eines innerparte­ilich gelebten Föderalism­us“, sagt der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger im STANDARD-Gespräch. Er verstehe zwar, dass Waldhäusl aufgebrach­t sei, wichtig sei allerdings der Zusammenha­lt.

„Unsere bisherige Stärke war die Geschlosse­nheit vom Bodensee bis zum Neusiedler See“, so Abwerzger. Und das, obwohl beim Finanzgeba­ren, der Listenerst­ellung und anderen wichtigen parteipoli­tischen Vorgängen in der FPÖ eine „Autonomie“der Landesgrup­pen herrsche, „die andere vor Neid erblassen ließe“.

In der Partei wird von den Wienern dennoch ein gewisses Tempo erwartet. Eigentlich sollte Strache schon vergangene­n Mittwoch ausgeschlo­ssen werden, das Parteischi­edsgericht entschied jedoch, noch Zeugenladu­ngen zuzulassen. Dabei soll unter anderem auch Strache selbst vor dem Schiedsger­icht erscheinen.

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Der einstige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dementiert, bei seiner Partei falsch abgerechne­t zu haben. Doch Mitarbeite­r widersprec­hen.

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