Der Standard

Schule des Schweigens

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Viel weiß man nicht, aber laut Hörensagen rumpeln die Regierungs­verhandlun­gen weiter auf verschlung­enen Wegen dahin. Die billigen Blätter berichten jeden zweiten Tag, dass die Regierung stehe. Dann ärgern sich die Grünen, dementiere­n und entgegnen, dass bei ihnen gar nichts steht. Sie verdächtig­en die Türkisen, dass diese Erfolgsmel­dungen leaken, um das nach einer Regierung lechzende Volk aufzuganse­ln und die Grünen zum Hudeln beim Verhandeln zu provoziere­n.

Was aber tut die ÖVP ob dieser Vorwürfe? Sie gibt sich milde „erstaunt“, sie gibt sich, ganz wie einst Schüssel, „gelassen“, vor allem aber tut sie das, was sie immer schon mit Bravour beherrscht­e: Sie schweigt. Wenn in Österreich alles wackelt und scheppert, so darf man doch wenigstens mit dem unverbrüch­lichen Fortbestan­d des türkisen Kollektivs­chweigens als einer Säule des Staatswese­ns rechnen, auf die man sich verlassen kann.

Wie schaffen das die Türkisen? Wie haben sie das alte Parteimott­o „Hände falten, Goschen halten“brillant zur steinharte­n Message-Control perfektion­ieren können? Gibt es monatlich Schweigeku­rse in der Parteiakad­emie? Ermuntern sich die Parteifreu­nde konstant wechselsei­tig zum Schweigen, damit ja nichts nach außen geht („Halt die Goschn, Blümel!“, „Gusch, Sobotka!“etc.)?

Wir wüssten es auch gerne, wissen es aber nicht. Die Einzigen, die es wissen, sind die Türkisen selbst. Die aber schweigen.

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