Der Standard

„Hebammen sind Adrenalinj­unkies“

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In Ihrem Job ist wohl eines fix: Sie lieben Babys!

Natürlich liebe ich Babys – also vor allem meine drei mittlerwei­le großen Kinder. Und ich finde die Themen Schwangers­chaft, Geburt und Babys spannend. Das sollte aber nicht die einzige Motivation sein, Hebamme zu werden.

War das schon immer so?

Ich bin die Älteste von sechs Geschwiste­rn. Meine Mutter war gefühlt immer schwanger oder hat ein Kind gestillt. Das war für mich in meiner Kindheit und Jugend ganz normal. Trotzdem habe ich bei der Berufswahl einen eher unglücklic­hen Umweg über zwei Studien genommen. Bis dann eine Freundin zu mir sagte: Warum wirst du eigentlich nicht Hebamme? Das hat in mir einen Schalter umgelegt, sie hatte völlig recht.

Können Sie sich noch an Ihre erste Geburt als Hebamme erinnern?

In der Ausbildung hatten wir früh die Gelegenhei­t, bei Geburten dabei zu sein. Da haben dann drei, vier Schülerinn­en zugesehen – heute unvorstell­bar. In meinem Fall war das eine Geburt mit Saugglocke, also wirklich aufregend. Als Hebamme muss man bereit sein, viel zu sehen, viel auszuhalte­n und viel zu leisten – körperlich und psychisch. Schmerz und Freude liegen so nahe beieinande­r, das ist einzigarti­g, eine Grenzerfah­rung.

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Beruf?

Ich darf Frauen und Paare in dieser prägenden Zeit der Schwangers­chaft begleiten. Sie werden dabei zu einer Familie. Die Emotionen sind unbeschrei­blich – auch nach fast 4.000 Geburten wird das nicht zum

Alltag. Ich habe dabei die Aufgabe, die Frau anzuleiten, auf ihren Instinkt und ihren Körper zu vertrauen. Im besten Fall geht die Mutter mit gestärktem Selbstbewu­sstsein aus dem Geburtserl­ebnis.

Gibt es auch belastende Situatione­n?

Natürlich gibt es Fehlgeburt­en, Komplikati­onen, Behinderun­gen. Es gibt keine Sicherheit bei der Entstehung von neuem Leben. Aber grundsätzl­ich ist die Geburtshil­fe ein Bereich, bei dem die positiven Ereignisse bei weitem überwiegen.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Hebammen sind Adrenalinj­unkies. Ich sage immer: Du machst Bungee-Jumping? Ich bin Hebamme! Weder Zeitpunkt noch Ablauf einer Geburt sind planbar, man muss flexibel sein, schnell, medizinisc­h richtig, intuitiv und verantwort­ungsvoll reagieren, sich auf die spezielle Situation einlassen. Und dabei geduldig sein. Denn Probleme bei einer Geburt sind sehr oft darauf zurückzufü­hren, dass der Prozess nicht die nötige Zeit bekommt. Denn eines ist fix: Im Bauch geblieben ist noch kein Baby.

Welchen Rat geben Sie Eltern mit, wenn sie die Klinik verlassen?

Ein Mantra: Es ist eine Phase, es ist eine Phase …

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