Der Standard

In Madrid geht es jetzt „ans Eingemacht­e“

Bisher kaum Einigungen bei Weltklimag­ipfel – Umweltmini­sterin reist diese Woche an

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Das größte Problem ist der Anstieg des Meeresspie­gels – und zwar um einige Meter. Damit würden wir mehr oder weniger alle Küstenstäd­te verlieren. Mehr als die Hälfte der großen Städte weltweit liegen aber an der Küste. Das wird nicht in zehn, 20 oder 30 Jahren geschehen. Aber es könnte schon in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunder­ts Realität werden. Das ist nicht mehr so weit weg. Kinder, die heute geboren werden, erleben das noch. Aber das ist nur ein Problem von vielen. Zusätzlich wird es in den niedrigen Breitengra­den sehr ungemütlic­h. Wenn es dort immer wärmer wird, steigt auch die Anzahl der Fluchtbewe­gungen. Am Ende droht aus der Kombinatio­n dieser beiden Effekte die Gefahr eines unregierba­ren Planeten.

STANDARD: Was bedeutet der angekündig­te Rückzug der US-Regierung aus dem Pariser Klimaabkom­men in diesem Zusammenha­ng? Hansen: Solange wir das Problem nicht an der Wurzel packen, spielt das keine so große Rolle. Wir müssen CO2 mit einem ehrlichen Preis versehen. Und dieser Preis muss

Madrid – Von den Protesten, die am Freitagnac­hmittag die spanische Hauptstadt Madrid bewegten, ist am Veranstalt­ungsort der UN-Klimakonfe­renz kaum etwas zu spüren. Lediglich vor dem Eingangsto­r der Messehalle versuchen Aktivisten auf die Auswirkung­en eines höheren Fleischkon­sums auf den Klimawande­l aufmerksam zu machen.

Der Weltklimag­ipfel geht heute, Montag, bereits in die zweite Verhandlun­gswoche. Während bisher Beamtendel­egationen die Gespräche führten, reisen im Lauf der Woche Regierungs­vertreter aus aller Welt an. Für Österreich wird Umweltmini­sterin Maria Patek an den Verhandlun­gen teilnehmen.

Dann soll es um „das Eingemacht­e“gehen, ist aus Verhandler­kreisen zu hören. Bisher wurde vor allem auf technische­r Ebene diskutiert, Einigungen bei kritischer­en Punkten gab es dem Vernehmen nach nicht.

Die bisherigen Gespräche waren „eher unaufregen­d“, fasste einer der Verhandler die erste Woche zusammen. Bisher wurde vor allem über Details zu Artikel 6 des Pariser Klimaabkom­mens verhandelt, das den weltweiten Kohlenstof­fmarkt regeln soll. Hier herrscht nach wie vor Uneinigkei­t zwischen den Staaten.

Aber nicht nur in der Konferenz selbst regiert der Dissens, sondern auch zwischen der Polizei und den Organisato­ren der Klimademon­stration, an der unter anderen die Klimaaktiv­istin Greta Thunberg teilnahm. Während die Veranstalt­er von einer halben Millionen Teilnehmer sprachen, will die spanische Polizei am Freitag nur 15.000 Demonstrie­rende gezählt haben.

Es ist jedenfalls zu erwarten, dass auch diese Woche wieder demonstrie­rt wird. Denn während Beamte und Politiker in der Messehalle an Lösungen für die Klimakrise feilen, findet auf der Universitä­t in Madrid eine Parallelve­ranstaltun­g zum UN-Gipfel statt. Am „Klimasozia­lgipfel“kann sich auch die Öffentlich­keit kritisch einbringen. (lauf)

Wir müssen Druck auf Regierunge­n ausüben. Die US-Regierung ist aber offenbar in der Hand der Fossilindu­strie. Sowohl Gesetzgebe­r als auch Beamte werden durch deren Geld beeinfluss­t – und das erschwert, dass wir ausreichen­d Gesetze zum Schutz der Bevölkerun­g bekommen. Wir brauchen eine Gesetzesre­form, damit Kandidaten kein Geld mehr von Unternehme­n annehmen können, die besondere Interessen verfolgen, wie etwa die Erdölindus­trie.

STANDARD: Mit welchen Eindrücken verlassen Sie diese Klimakonfe­renz?

Hansen: Ich bin nicht optimistis­ch. Es wirkt nicht so, als würde die Politik ihre grundlegen­den Ansätze verändern. Ich weiß auch nicht, warum ich überhaupt gekommen bin.

JAMES HANSEN (78) zählt zu den bekanntest­en Klimaforsc­hern der USA. Der Astronom und ehemalige Direktor des Instituts für Weltraumfo­rschung der Nasa wurde aufgrund seines Klimaaktiv­ismus bereits fünfmal festgenomm­en. Hansen ist Mitglied der National Academy of Sciences und erhielt zahlreiche Preise für seine Forschung zur Erderwärmu­ng.

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