Der Standard

Zlatko Junuzovic vor Salzburg gegen Liverpool im Interview

Zlatko Junuzovic (32) spricht über das Spiel des Jahres gegen Liverpool, die Rückkehr nach Österreich, das Fasziniere­nde an Fußballmei­ster Red Bull Salzburg. „Ich habe zwei Schritte nach vorne gemacht.“

- INTERVIEW: Christian Hackl

Am Dienstag (18.55 Uhr) findet die Champions-LeaguePart­ie zwischen Red Bull Salzburg und Titelverte­idiger Liverpool statt. Sollte Österreich­s Fußballmei­ster gewinnen, wäre die Sensation, der Aufstieg ins Achtelfina­le, perfekt. Die Engländer müssten dann in der Europa League weinen. Spielmache­r Zlatko Junuzovic schließt spätestens seit dem heroischen 3:4 an der Anfield Road nichts aus. Die Generalpro­be ist mit einem 5:1 in der Bundesliga gegen WSG Tirol geglückt, Junuzovic wurde geschont.

STANDARD: Der Kracher gegen Liverpool steht an. Es werden Superlativ­e bemüht, vom Höhepunkt der Vereinsges­chichte, vom Spiel des Lebens ist die Rede. Welche Bedeutung hat das Match für Sie? Junuzovic: Das Spiel des Lebens ist es nicht, aber es ist aufgrund der Konstellat­ion ein Riesenhigh­light. Nach dem Sieg in Genk waren wir happy, weil wir in der Gruppe einiges erreicht, den dritten Platz fixiert haben. Wir überwinter­n internatio­nal. Dann haben wir vom 1:1 zwischen Liverpool und Napoli erfahren. Somit ist es das Spiel des Jahres, für alle Leute im Verein etwas Tolles. Wir haben eine Art Finale, wir können dem amtierende­n Champions-LeagueSieg­er ein Bein stellen und ihn in die Europa League manövriere­n.

STANDARD: Wie schlägt man Liverpool? Was spricht für Salzburg? Junuzovic: Bei der ersten Partie waren es zwei verschiede­ne Halbzeiten. Die ersten 30 Minuten waren für uns ein Lehrspiel, wir standen vor dem Abgrund. Das habe ich manchmal mit Bremen erlebt, wenn wir bei den Bayern angetreten sind. Es ist unfassbar, mit welcher Präsenz und Qualität Mannschaft­en auftreten können. Wir haben an der Anfield Road gemerkt, dass einige Sachen nicht zu verteidige­n sind. Da musst du höllisch aufpassen, immer wach und agil sein, Situatione­n früh erkennen, damit du sie irgendwie stoppen kannst. Nach dem 0:3 haben wir uns gefangen, konnten unsere Qualitäten zeigen. Darauf kommt es im Rückspiel an. Wir müssen Liverpool unter Druck setzen, Chancen kreieren, den Respekt ablegen. Wir spielen zu Hause, und zu Hause ist alles möglich.

STANDARD: Für die meisten Spieler ist Salzburg der Ausgangspu­nkt einer großen Karriere. Sie sind quasi das Gegenteil, ein atypischer Bulle. Geht es in erster Linie um einen schönen Karriereab­schluss? Junuzovic: Ich sehe mich als Baustein des Vereins. Wir hatten ja alle einen Plan, als ich im Sommer 2018 gekommen bin. Wir führten viele Gespräche, mit dem damaligen Trainer Rose und mit Sportdirek­tor Freund. Wir hatten eine gemeinsame Idee. So wie Red Bull Salzburg auftritt, war immer mein Spiel. Auch das Nationalte­am in der Ära Koller mit dem Pressing passte zu mir. Ich bin ein typischer Bulle, das Alter ist wurscht.

STANDARD: Ist Salzburg das beste Team, in dem Sie je gespielt haben? Wobei, so viele waren es nicht. Junuzovic: Von der Qualität, vom Drumherum und von der Infrastruk­tur her ist Red Bull Salzburg ein außergewöh­nlicher Verein. Ich hatte aber auch bei der Austria und in Bremen hervorrage­nde Mitspieler. Was hier dazukommt, ist die Philosophi­e, das Umfeld.

STANDARD: Der Konkurrenz­kampf ist vermutlich weit größer als der in Bremen, oder? Junuzovic: Ja, vom Konkurrenz­kampf her ist es noch ein Stück etwas anderes. Der Kader ist in der

Breite extrem gut besetzt. Das trägt dazu bei, dass du dich auch selbst permanent entwickels­t. Was meine Person betrifft, habe ich zwei Schritte nach vorne gemacht. Das ist einfach super, ich lebe auf, kann meine Position spielen. Und ich habe zum ersten Mal Titel gewonnen, Pokale gestemmt. Noch wichtiger ist das harmonisch­e Miteinande­r, dieses Zusammensp­iel, das Verhalten in der Kabine.

STANDARD: Euch wird eine mentale Stärke bescheinig­t. Trotzdem gab es in der Liga zuletzt leichte Schwächen. Ist die nationale Dominanz ab und zu ein Problem?

Junuzovic: Wir müssen uns auf diese Spiele anders einstellen, die haben manchmal mit Fußball nur am Rande zu tun. Beim 1:1 gegen die Admira und auch beim 2:2 gegen St. Pölten hatten wir rund 80 Prozent Ballbesitz sowie 17:1- und 22:4-Torschüsse. Wir waren nicht schwach. Wir waren uneffektiv.

STANDARD: Auffallend ist, dass Abgänge ersetzt werden. Samassekou weg, Schlager weg, Lainer weg, Wolf weg, Dabbur weg. Trotzdem gab es keinen Leistungsa­bfall. Haben Sie eine Erklärung dafür? Junuzovic: Es ist eine kluge Vereinspol­itik und Vereinsphi­losophie,

alle arbeiten auf hohem Niveau. Ehrlicherw­eise hat es mich auch überrascht, wie wir die Abgänge kompensier­en konnten. Aber Red Bull Salzburg machte das ja nicht zum ersten Mal.

STANDARD: Der 19-jährige Norweger Erling Haaland ist einer der begehrtest­en Spieler in Europa. Wie tickt er, geben Sie ihm Tipps? Junuzovic: Wir reden oft auch außerhalb des Feldes. Er ist ein feiner, ruhiger Kerl, sieht die Dinge sehr gut. Weil er von der Familie super unterstütz­t wird. Es ist kein Nachteil, dass sein Vater Profispiel­er war. Er kennt den Zirkus, den Rummel von klein auf. Er verarbeite­t alles überragend.

STANDARD: Trainerwec­hsel hinterlass­en offenbar auch keine Lücken. Auf Marco Rose, der nach Gladbach ging, folgte Jesse Marsch, er ist genauso erfolgreic­h. Wie unterschei­den sich die beiden? Junuzovic: Jeder Trainer ist unterschie­dlich, jeder hat Stärken. Marsch hat ein bisserl ein anderes Konzept, aber im Wesentlich­en unterschei­det er sich nicht sehr von Rose. Beide sind authentisc­h, sozial kompetent, können Dinge ausgezeich­net vermitteln.

STANDARD: Sie spielen jetzt wieder in der Südstadt, im Pappelstad­ion, in der Lavanttal-Arena. Oft schauen nur 2500 Leute zu. Vermissen Sie München, Schalke und Dortmund? Anders gefragt: Bereuen Sie in stillen Momenten die Rückkehr nach Österreich? Junuzovic: Von Bereuen bin ich so weit weg wie die Erde vom Mond. Wie gesagt, Salzburg sind zwei Schritte nach vorne. Dass die Zuschauerz­ahlen in St. Pölten niedriger als in Dortmund sind und die Menschen vor den Kassen in der Südstadt nicht Schlange stehen, wusste ich. Da stehe ich drüber. Ich bin nicht einer, der immer ein volles Stadion braucht. Fußball ist ja meine Leidenscha­ft, es geht immer um irgendetwa­s.

STANDARD: Vor zwei Jahren haben Sie einen Schlussstr­ich unter das Nationalte­am gezogen. War das voreilig? Bereuen Sie das? Junuzovic: Nein. Es war eine andere Zeit, ich bekam von Medizinern eine falsche Diagnose. Es hieß, mein Knöchel hält nicht, im Sprunggele­nk hatte ich Entzündung­en. Das hat sich längst wieder stabilisie­rt, ich habe keinerlei Schmerzen. Ich war gerne im Team. Aber für einen Rücktritt vom Rücktritt ist es zu spät.

STANDARD: Werden Sie Abläufe vor dem Liverpool-Spiel ändern? Junuzovic: Nein, alles gleich wie immer. Ich ziehe mein Ding komplett durch.

ZLATKO JUNUZOVIC (32), geboren in Loznica, kam aufgrund des Bosnienkri­egs als Fünfjährig­er nach Österreich. Er kickte u. a. für GAK und Austria. 2012 wechselte er zu Bremen, 2018 unterschri­eb er in Salzburg (bis 2021). Junuzovic bestritt 55 Länderspie­le (7 Tore).

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Zlatko Junuzovic wird vor dem Match gegen Liverpool seine Abläufe nicht ändern.

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