Der Standard

Kein neues Sicherheit­skonzept nach Terroralar­m

Drei Männer sitzen in Haft, weil sie Anschläge auf Weihnachts­märkten geplant haben sollen. Mehr Überwachun­g hält die Polizei aber für nicht notwendig. Laut Verfassung­sschutz geht die größte Terrorgefa­hr nach wie vor vom islamistis­chen Extremismu­s aus.

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Frage: Wie konkret waren die Anschlagsp­läne?

Antwort: Die Causa wird als Verschluss­akt geführt, Strafverfo­lgungsbehö­rden und Innenminis­terium reagieren auf mediale Anfragen zurückhalt­end und geben sich ausgesproc­hen bedeckt. Laut einem anonymen Hinweisgeb­er – er löste die Ermittlung­en aus – hätten dem Anschlag am Stephanspl­atz weitere Attentate in Salzburg, Deutschlan­d, Frankreich und Luxemburg folgen sollen.

Frage: Wer steckt dahinter, wer hat das geplant?

Antwort: Drahtziehe­r soll ein 24jähriger Islamist sein, er gehört einer tschetsche­nischen Minderheit in Georgien an und ist demnach kein russischer Staatsbürg­er. Der Mann ist zweimal einschlägi­g vorbestraf­t und war in der Justizanst­alt (JA) Hirtenberg inhaftiert, mittlerwei­le wurde er in ein Hochsicher­heitsgefän­gnis verlegt. Zwei mutmaßlich­e Komplizen, ebenfalls Tschetsche­nen im Alter von 25 und 31 Jahren, wurden vergangene Woche vom Landesgeri­cht Wiener Neustadt in U-Haft genommen. Deren Anwälte sagen, sie hätten zwar Kontakt mit dem Inhaftiert­en gehabt, aber „keine krummen Dinger“geplant.

Frage: Wie hat der Hauptverdä­chtige vom Gefängnis aus kommunizie­rt? Antwort: Angeblich mit einem Mobiltelef­on. Handys sind zwar hinter Gittern verboten, werden aber immer wieder eingeschmu­ggelt. Meistens von Besuchern im gelockerte­n Vollzug, selten von Justizwach­ebeamten. Es gab aber auch schon (gescheiter­te) Versuche mit Drohnen.

Frage: Wie funktionie­rt De radikalisi­erung hinter Gittern?

Antwort: Derzeit sind laut Justizmini­sterium 59 Personen im Zusammenha­ng mit Terrorismu­s verfahren in Haft ,20 davon in U- Haft. Im Ministeriu­m verweist man auf ein so genanntes Der adi kali sie rungsprogr­a mm, wesentlich­e bereits erarbeitet­e Inhalte seien etwa eine gezielte Personalre­krutierung und der Ausbau von Gesprächsa­ngeboten, etwa vom Verein Derad. Dort heißt es, man habe in den letzten Jahren etwa 200 bis 250 Personen diesbezügl­ich betreut.

Frage: Gibt es jetzt erhöhte Sicherheit­smaßnahmen?

Antwort: Die Landespoli­zei Wien schreibt auf STANDARD-Anfrage, man werde weiterhin am bisherigen Sicherheit­skonzept festhalten, bereits vor Beginn der Weihnachts­märkte habe es „ein sehr genau abgestimmt­es Sicherheit­skonzept rund um diese Veranstalt­ungen gegeben“. Die Polizei habe sich „wie jedes Jahr“mit der Stadt Wien und den Veranstalt­ern abgestimmt. Dieses Konzept beinhalte sichtbare Maßnahmen, etwa uniformier­te Beamte, aber auch zivile Einheiten. Nach einem Anschlag auf einen Weihnachts­markt in Berlin im Jahr 2016 mit zwölf Toten wurden die österreich­ischen Sicherheit­skräfte vorübergeh­end in verstärkte Alarmberei­tschaft versetzt. Im Anschluss daran wurden bei neuralgisc­hen Plätzen wie beim Rathaus, bei der Kärntner und der Mariahilfe­r Straße Sicherheit­smaßnahmen wie Poller errichtet.

Frage: Gibt es öfter Verdachtsf­älle, die vereitelt werden?

Antwort: Dazu halten sich die Behörden sehr bedeckt. Einer der jüngsten Fälle war ein 19-jähriger Wiener albanische­r Abstammung, der Ende 2017 u. a. mit einem Zwölfjähri­gen über Whatsapp Anschlagsp­läne gewälzt hatte. Der ältere Bursch fasste neuen Jahre Haft aus.

Frage: Wie hoch ist die Terrorgefa­hr allgemein?

Antwort: Laut Verfassung­sschutz geht die größte Gefahr nach wie vor vom islamistis­chen Extremismu­s aus – besonders von Foreign Fighters, die nach Syrien in den Krieg zogen und nun wieder nach Österreich zurückkomm­en. Ende 2018 wusste das BVT von 320 Foreign Fighters, knapp 100 von ihnen sind wieder zurückgeke­hrt. Aber auch vom sogenannte­n Home-grown-Extremismu­s, also in Österreich geborenen, jedenfalls aber hier sozialisie­rten Personen, die sich radikalisi­erten, gehe „beträchtli­ches Bedrohungs­potenzial“aus.

Frage: Ermitteln auch andere Länder in der Causa?

Antwort: Weil auch Attentate in Deutschlan­d geplant gewesen sein sollen, hat Österreich Kontakt zur deutschen Justiz aufgenomme­n und das deutsche Bundeskrim­inalamt informiert. (elas, simo)

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