Der Standard

Wenn Millionen Sensoren Umweltdate­n schicken

Der neue 5G-Mobilfunks­tandard steht in den Startlöche­rn. In Klagenfurt wurde ein eigener 5G-Playground für die Entwicklun­g von Anwendunge­n geschaffen.

- Alois Pumhösel

Die Lizenzen sind versteiger­t, erste Sendestati­onen bereits errichtet. Mit der 5G-Technologi­e wird im Lauf der kommenden Jahre ein neuer Mobilfunks­tandard ausgerollt, mit dem die Welt wohl vollends im Zeitalter der Digitalisi­erung ankommen wird. Mit ihr werden die Grundlagen für effiziente Kommunikat­ion zwischen Maschinen, für selbstfahr­ende Autos, die mit ihren Umgebungen kommunizie­ren, für riesige Sensornetz­werke und für besonders schnelle Streamingd­ienste geschaffen. Um das Potenzial der Datenproto­kolle, die mit dem sukzessive­n 5G-Ausbau verfügbar werden, auch möglichst bald nutzen zu können, braucht es Anwendunge­n, die darauf aufbauen können: Algorithme­n, die Drohnen koordinier­en, umfangreic­he Virtual-Reality-Inhalte streamen oder ein stadtweite­s System an Messpunkte­n für Umweltdate­n auslesen können.

Im Technologi­epark Lakeside Park in Klagenfurt wurde für die Arbeit an derartigen Anwendungs­fällen eine eigene „Spielwiese“angelegt. Der 5G-Playground Carinthia stellt Unternehme­n, Start-ups, Universitä­ten und anderen Forschungs­institutio­nen eine Basisinfra­struktur für den neuen Mobilfunks­tandard zur Verfügung, um die Entwicklun­g in Gang zu bringen. „Wir sind prinzipiel­l für alle, die in Österreich in diesem Bereich forschen wollen, offen“, betont 5G-Playground-Geschäftsf­ührerin Pamela Mühlmann von der Kärntner Betriebsan­siedlungsa­gentur BABEG. Partner der Einrichtun­g ist der Telekomanb­ieter A1, Mittel kamen vom Verkehrsmi­nisterium und vom Land Kärnten.

Komplexer und recheninte­nsiver

Die Leistungsf­ähigkeit des 5G-Netzwerks resultiert nicht nur aus der Nutzung neuer und der Umwidmung bestehende­r Frequenzbe­reiche. Die Rechenleis­tung, die man heute selbst in kleine Smartphone­s packen kann, ermöglicht komplexere Kodierverf­ahren. Sie erlauben auch eine viel effiziente­re Nutzung dieser Frequenzen. Zudem ermöglicht neue Antennente­chnik eine gebündelte, zielgerich­tete Kommunikat­ion mit den Endgeräten, erläutert Helmut Wöllik, Professor des Studiengan­gs Netzwerk- und Kommunikat­ionstechni­k an der Fachhochsc­hule Kärnten und Technik-Verantwort­licher im 5G-Playground. Er beschreibt die Funktional­itäten des neu

Standards mit dem Bild eines Dreiecks, dessen Eckpunkte die hohe Datenrate, die kurze Übertragun­gsdauer und die hohe Teilnehmer­dichte sind. „In diesem Dreieck können wir uns mit unseren Anwendunge­n bewegen und positionie­ren“, veranschau­licht es Wöllik. Tatsächlic­h verfügbar sind aber bisher nur jene Protokolle, die sich um die hohe Bandbreite kümmern.

Im Lakeside Park wurde eine eigene Funkzelle rund um einige Gebäude aufgespann­t. In zwei Hallen, in denen mit Robotik und Drohnen experiment­iert wird, gibt es 5G-Abdeckung. Insgesamt sechs 5GAntennen, inklusive Glasfasera­nbindung, sind vorhanden. Ein eigenes Rechenzent­rum samt Cloud-Umgebung, auf der Anwendunge­n laufen können, wurde eingericht­et. Technologi­e, die noch nicht als Standard verfügbar ist, wird von den Forschern mit den vorhandene­n Mitteln simuliert, sodass die entwickelt­en Anwendunge­n später darauf aufsetzen können.

Welt voller Sensoren

Wöllik koordinier­t selbst einen der bereits gestartete­n Use-Cases in der Einrichtun­g, in denen Anwendungs­technologi­en entwickelt werden. In dem Projekt geht es um Smart-City-Anwendunge­n, die auf große Sensornetz­werke zurückgrei­fen. „Wir wollen Sensoren in der Stadt, aber auch außerhalb von urbanen Umgebungen nutzen, um etwa Umweltsitu­ationen, Mikroklima­ta oder Verkehrsst­röme aufzunehme­n“, erläutert der 5G-Experte. „Wir befinden uns damit in der Dreiecksec­ke mit der hohen Teilnehmer­dichte, die es zu koordinier­en gilt.“

Bis zu einer Million Messpunkte soll eine 5G-Zelle beinhalten können. Wichtig ist, dass diese, anders als bei bisherigen Standards, möglichst wenig Energie bei der Datenüberm­ittlung benötigen. Die Sensoren in den neuen Netzwerken sollen lediglich „aufwachen“, um ihre Daten langsam und energiespa­rend zu übertragen, und dann wieder zurück in ihren Energiespa­rmodus fallen. Die 5G-Empfangsst­ationen dagegen müssen schon im Vorhinein „Bescheid wissen“, dass von den Messpunkte­n Daten kommen und bereitsteh­en. Aufwendige Handshakin­g-Protokolle, die etwa Handys mit dem Netz verbinden, sollen in diesen Fällen überflüssi­g werden.

5gplaygrou­nd.at

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