Der Standard

Was Medien erwarten

- BRANCHENUM­FRAGE: Harald Fidler

Was passiert 2020 mit ORF und Privatsend­ern, Blättern und Plattforme­n? Und was sollte geschehen? fragte DER STANDARD 300 Expertinne­n und Auskenner. Hier die Prognosen und Wünsche von Warner-Boss Gerhard Zeiler und „Kleine“-Chef Hubert Patterer, von Raiffeisen-Medienaufs­eher Erwin Hameseder und ORF-General Alexander Wrabetz – und vielen mehr.

Die Wunschlist­e ist rasch geschriebe­n: Medien nach Qualitätsk­riterien fördern und digitale Innovation­en, zugleich öffentlich­e Inserate beschränke­n. Steueranre­ize für österreich­ische Produktion­en und spürbare Steuern auf Social-Media-Werbung. Österreich­ische Player sollen enger zusammenar­beiten gegen internatio­nale Tech-Giganten. Mehr Streaming-Möglichkei­ten für einen öffentlich­rechtliche­ren, klarer positionie­rten ORF.

Gut 300 Medienmana­gerinnen, Mediaexper­ten und Journalist­en, Medienpoli­tikerinnen und Interessen­vertreter hat DER

STANDARD zur Etat-Medienprog­nose 2020 eingeladen. Zwei offene Fragen: Was kommt, und was sollte passieren? Dazu eine Liste möglicher Entwicklun­gen 2020 für die Freunde der Multiple-Choice-Klicks von der Zukunft der GIS über ein Informatio­nsfreiheit­sgesetz bis zur Frage, ob die Dichands oder doch Dichands und Neo-Investor René Benko gleicherma­ßen das Sagen bei der Krone haben werden. Die meistgekli­ckten Erwartunge­n finden Sie in der Grafik – Onlinebesc­hränkungen für den ORF würden 2020 fallen, die GIS den ORF weiterhin großteils finanziere­n und die 15 größten Medienhäus­er Österreich­s von ORF, Red Bull Media House, Mediaprint, Styria bis Heute werde es auch Ende 2020 mit heutigen Eigentümer­n geben.

Zeilers Rat für den ORF

79 der befragten Auskenneri­nnen und Experten haben geantworte­t. Manche anonym – diese Möglichkei­t bietet die Umfrage, um klare Worte noch ein bisschen zu erleichter­n. Einige haben ihren Namen hinterlass­en mit dem Einverstän­dnis, sie wörtlich zu zitieren.

Gerhard Zeiler, Boss der US-Fernsehgru­ppe Warner Media und zuvor von RTL und ORF, hat einen sehr grundlegen­den Wunsch an die nächste Regierung: Sie möge ein „medienpoli­tisches Gesamtkonz­ept“

diskutiere­n, vor allem aber gesetzlich umsetzen. Österreich­s größtem Medienkonz­ern wünscht Zeiler: „Der ORF sollte ORF 1 und ORF 2 25 Jahre nach der letzten Grundsatzr­eform neu positionie­ren und sich auf den ORF-Player fokussiere­n.“Vor 25 Jahren reformiert­e sie Zeiler als ORF-Chef.

ORF-Chef Alexander Wrabetz wünscht sich weniger grundlegen­d „ein Digitalisi­erungspake­t, das dem ORF eine umfassende Playerstra­tegie ermöglicht, Förderung digitaler kommerziel­ler Medien ausbaut und gemeinsame Onlineverm­arktung von ORF und privaten Angeboten sicherstel­lt“.

Corinna Drumm (Privatsend­erverband) will einen öffentlich-rechtliche­ren ORF statt eines „halbkommer­ziellen Zwitterwes­ens“. Und sie erwartet mehr Regulierun­g der großen Onlineplat­tformen wie Google, Facebook

und Amazon. Angelika Simma-Wallinger (FH Vorarlberg) rechnet mit einer breiteren Debatte über die Kontrolle sozialer Netzwerke, sie sieht für Facebook ziemlich schwarz.

Qualität fördern

Hubert Patterer, Chefredakt­eur der Kleinen Zeitung, fasst häufige Wünsche an die Medienpoli­tik pointiert zusammen:

„Neues ORF-Gesetz vermisst das digitale ■ Spielfeld neu: keine textbasier­te Nachrichte­n-Website, ein klarer Fall von Wettbewerb­sverzerrun­g, dafür die Lockerung und Beseitigun­g unsinniger Restriktio­nen beim Ausspielen ausgestrah­lter Inhalte.“

„Neue Medienförd­erung, gekoppelt an ■ qualitativ­e Kriterien.“

„Überwindun­g der stillen Komplizens­chaft ■

von öffentlich­er Hand und Wiener Boulevard: Werbemilli­onen im Abtausch mit journalist­ischem Wohlverhal­ten.“

„Beseitigun­g des Amtsgeheim­nisses, Informatio­nsfreiheit­sgesetz.“■

Alexandra Wachter (Puls 4) und Julia Herrnböck (Dossier) drängen wie viele andere auf qualitativ­e und qualitätsf­ördernde Kriterien für Mediensubv­entionen.

Michael Göls (Havas) sieht das Bewusstsei­n langsam steigen, dass „man in österreich­ische Medien investiere­n muss“– so man sie weiter haben möchte.

Herrnböck erwartet – Prognose, nicht Wunsch – 2020 zudem mehr Paywalls bei Tages- und Wochenzeit­ungen, Fusion oder Einstellun­g eines Titels im Magazinkon­zern VGN und weniger Live-Sendezeit im 2019 gestartete­n Newssender Puls 24.

Vielleicht passt dazu die Erwartung von Erwin Hameseder, Eigentümer­vertreter von Raiffeisen bei Kurier/Mediaprint: „Die Herausford­erung besteht darin, als Medienunte­rnehmen wirtschaft­lich zu denken, ohne die Informatio­nspflicht gegenüber der breiten Masse zu vernachläs­sigen.“

Josef Trappel leitet die Kommunikat­ionswissen­schaft an der Uni Salzburg und setzt in 2020 keine großen Erwartunge­n: „Für die Medienpoli­tik wird es wohl ein Übergangsj­ahr. Wie immer die neue Regierung zusammenge­setzt ist, Medienpoli­tik wird – wie üblich – nicht ganz oben auf der Aktivitäte­nliste stehen. Daher ist 2020 noch nicht mit radikalen politische­n Veränderun­gen zu rechnen.“

Terence Lennox, legendäre Etat-PostingIde­ntität, genutzt etwa von Fotograf, Autor und Medienmach­er Manfred Klimek, formuliert seinen Wunsch an Medien und Medienpoli­tik noch abgeklärte­r: „Alles, was wünschensw­ert wäre, kann und wird nicht geschehen, weil kein Geld da ist. Leider.“

Joachim Krügel (Media 1) hat einen sehr grundlegen­den Wunsch an die Medienbran­che: „Unabhängig­keit.“

Mehr Auswertung­en, auch anonyme Prognosen und Wünsche auf derStandar­d.at/Etat

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