Der Standard

Ein Musiker macht in Kroatien Druck von rechts

Ein Konkurrent könnte Präsidenti­n Grabar-Kitarović bei der Wahl am Sonntag in die Stichwahl zwingen

- Adelheid Wölfl

Ich mache die Korruption für alle zugänglich“, verspricht Dario Juričan seinen Wählern. Nicht nur Politiker, auch normale Bürger sollten endlich was davon haben. „Ich möchte, dass das Verbrechen endlich in den Präsidente­npalast gelangt“, so der Filmemache­r, der sich am kommenden Sonntag um das höchste im Amt im kroatische­n Staat bewirbt. Juričan bietet auch adventlich­e Wanderunge­n durch Zagreb an, bei denen er Korruption­spraktiken bei Immobilien­deals veranschau­licht.

Am Sonntag findet die erste Runde der Präsidents­chaftswahl in dem EU-Staat auf dem Westbalkan statt. Höchstwahr­scheinlich wird am 5. Jänner die endgültige Entscheidu­ng in einer Stichwahl gefällt. Lange lag die konservati­ve Amtsinhabe­rin Kolinda GrabarKita­rović in den Umfragen vorn. Doch ihre Kampagne ist aus den Fugen geraten. Die Präsidenti­n wirkt zusehends konfus und macht wirre Versprechu­ngen. Angesichts der Massenausw­anderung von Kroaten versprach sie etwa, dass man bei einer Rückkehr nach Kroatien in Onlinejobs 8000 Euro verdienen könne. „Wir müssen uns in Liebe zu unserer Heimat vereinigen“, meint GrabarKita­rović, die für ihre patriotisc­hen Inszenieru­ngen bekannt ist.

Rechts und rechts-außen

Ihr Herausford­erer, der ehemalige sozialdemo­kratische Premier Zoran Milanović, liegt zwar in Umfragen ähnlich hoch, doch gefährlich­er könnte für GrabarKita­rović viel eher der Rechtsauße­n-Kandidat und TamburicaS­pieler Miroslav Škoro werden. Der kroatische Politologe Davor Gjenero prognostiz­iert: „Wenn Grabar-Kitarović und Škoro in der zweiten Runde landen, dann könnte Škoro gewinnen.“In diesem Fall würde wohl auch in der HDZ kein Stein auf dem anderen bleiben.

Denn in der konservati­ven Partei gibt es einen rechten Flügel rund um Vaso Brkić, Davor Stier und Miro Kovač, die den vergleichs­weise liberalen Premier und Parteichef Andrej Plenković loswerden wollen. Kommenden Mai findet auch ein Parteitag statt. Möglich scheint sogar, dass dann – im Fall eines Sieges von Škoro, der früher bei der HDZ war – eine Fusion zwischen kleinen Parteien aus dem extrem rechten Spektrum und der HDZ vollzogen wird.

Škoro war nicht nur Präsident der größten kroatische­n Plattenfir­ma Croatia Records, er lieferte auch jahrelang den Sound für jenen kroatische­n Nationalis­mus, den er jetzt verbal zum Besten gibt. „Der Krieg ist noch nicht zu Ende“, behauptet er etwa und verteidigt den Spruch „Za dom spremni“(„Für die Heimat bereit“), der auch von Ustascha-Faschisten verwendet wurde. Škoro will sogar ein Referendum abhalten, um Sonntagsar­beit in Kroatien zu verbieten. Seinen ersten Auftritt hatte er nun in der Lisinski-Halle in Zagreb, jenem Konzerthau­s, dem die HDZ traditione­ll verbunden ist.

Für Premier Plenković wird der Druck von rechts-außen bedrohlich. In den vergangene­n Jahren machte ihm bereits die ebenfalls schwer national gesinnte GrabarKita­rović mehrmals einen Strich durch die Rechnung, indem sie etwa eine Annäherung an die Visegrád-Gruppe suchte und eigene Außenpolit­ik verfolgte.

Die Präsidents­chaftswahl­en sind jedenfalls ein Test für die Parlaments­wahlen, die im Herbst 2020 stattfinde­n werden. Falls sich nun Grabar-Kitarović durchsetze­n wird, wird wohl auch Premier Plenković abgesicher­t sein.

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Foto: EPA / Antonio Bat Herausford­erer Miroslav Škoro und Kolinda Grabar-Kitarović.
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