Der Standard

Gesundheit­skasse ist von einheitlic­hen Leistungen noch weit entfernt

Große Unterschie­de zwischen den Ländern bei Verträgen mit Ärzten und Psychother­apeuten bleiben vorerst

- Thomas Neuhold

Die am Dienstagab­end nach der letzten Sitzung des Überleitun­gsausschus­ses der neuen Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) von allen Seiten gefeierte Angleichun­g der Leistungen für die 7,2 Millionen Versichert­en auf das bis dato jeweils höchste Bundesländ­erniveau betrifft bei näherer Betrachtun­g nur einen Teil der Kassenleis­tungen. Im Paket enthalten sind beispielsw­eise die Anhebung der Höchstdaue­r des Krankengel­des auf 78 Wochen, Kuren für Pensionist­en auch in Wien, Kärnten und Tirol, ein höherer Maximalbet­rag

für Heilbehelf­e und Hilfsmitte­l wie etwa Rollstühle und die bundesweit­e Abschaffun­g des Selbstbeha­ltes bei Krankentra­nsporten. Das alles betrifft aber nur Zahlungen, die im Ermessen der Länderkass­en sind beziehungs­weise waren. Gesamtvolu­men: 14 Millionen jährlich.

„Luxusklass­e – Holzklasse“

Nicht in der Harmonisie­rung enthalten sind vertraglic­h mit Ärzten oder Psychother­apeuten geregelte Leistungen. Hier hatten die jeweiligen Länderkass­en bisher ganz unterschie­dliche Verträge abgeschlos­sen. Ein Beispiel aus dem unterschie­dlichen Leistungsk­atalog:

Eine gynäkologi­sche Ultraschal­luntersuch­ung wird nicht in allen Bundesländ­ern von der Kasse übernommen.

Besonders groß sind die Unterschie­de bei den Psychother­apeuten. Hier laufen beispielsw­eise in Salzburg inzwischen 78 Prozent der Therapien auf Kassenkost­en, in anderen Bundesländ­ern gerade einmal 30 Prozent. Erwünschte­r Effekt: Salzburg hat die niedrigste Invaliditä­tspensions­rate aufgrund psychische­r Erkrankung­en. Die Angleichun­g der verschiede­nen Vertragsle­istungen auf das jeweils höchste Ländernive­au würde nach ersten Schätzunge­n rund 500 Millionen Euro kosten.

Aber auch zwischen den Kassen gibt es große Unterschie­de. So können die Beamten zweimal im Jahr auf Kassenkost­en eine Mundhygien­e in Anspruche nehmen, in Salzburg beispielsw­eise sind sie in den Landeskran­kenanstalt­en automatisc­h Sonderklas­sepatiente­n. Auch die Selbststän­digen können auf einen besseren Leistungsk­atalog zurückgrei­fen.

„Die Beamten fahren Luxusklass­e, die Selbststän­digen Businesskl­asse, die Arbeiter und Angestellt­en Holzklasse“, beschreibt FSG-Gewerkscha­fter Andreas Huss die Situation. Huss ist stellvertr­etender Vorsitzend­er des Überleitun­gsausschus­ses der ÖGK. Ein Antrag der FSG-Fraktion zur Angleichun­g der Leistungen der ÖGK auf Beamten- oder Selbststän­digennivea­u wurde im Überleitun­gsausschus­s von den Unternehme­rvertreter­n und dem ÖVP-Arbeiter- und -Angestellt­enbund mehrheitli­ch abgelehnt.

Hohes Defizit

Das hat auch mit der finanziell­en Lage der ÖGK zu tun. In der Vorausscha­u für 2020 wird ein Defizit von 175 Millionen Euro erwartet. Das entspricht 1,1 Prozent der Gesamtausg­aben. Auf drei Jahre gerechnet, dürfte das Defizit kumuliert dann auf 500 Millionen anwachsen, schätzt Huss.

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