Der Standard

Blaue Geschäfte

Im FPÖ-Umfeld gab es mehrere Geldboten und Profiteure. Neben Heinz-Christian Strache rücken Barbara Kappel und Peter Fichtenbau­er in den Fokus. Ein bulgarisch­er Partner und ein inhaftiert­er Russe ebenso.

- Andreas Schnauder

Die Fährte des FPÖ-Geldes beschäftig­t Justiz und Öffentlich­keit. Eigentlich müsste man sagen: die Fährte der Gelder, denn es gibt recht viele Zahlungsst­röme. Sattsam bekannt sind ja die zehn Millionen Euro, die ukrainisch­e Oligarchen gezahlt haben sollen. Die Mittel seien ein Anstoß gewesen, damit der Unternehme­r Thomas Schellenba­cher ein FPÖMandat erhält. Mit Banknoten prall gefüllte Sporttasch­en und Rucksäcke, von denen ein früherer Leibwächte­r von Heinz-Christian Strache zu berichten wusste, sollen mit der Zahlung in Verbindung stehen.

Doch es gibt auch Hinweise darauf, dass es vor der EU-Wahl im Mai Versuche gab, die Listenerst­ellung der Freiheitli­chen zweckdienl­ich zu gestalten. Konkret geht es um die frühere Abgeordnet­e Barbara Kappel, die sich selbst als Geldbotin outete und von der Übergabe von 55.000 Euro an einen kürzlich verstorben­en FPÖ-Politiker sprach. Ermittler sollen recht stutzig gewesen sein ob der Angaben. Spezialist­en des Bundeskrim­inalamtes sind bei ihren Recherchen

nämlich auf einen Chat Kappels mit einem bulgarisch­en Geschäftsm­ann gestoßen, der die FPÖ-Politikeri­n unterstütz­t haben soll. Die beiden ärgern sich in ihrer Unterhaltu­ng über Strache, weil der Bulgare 75.000 Euro aufstellte, aber aus der gewünschte­n Gegenleist­ung nichts wurde. Kappel schreibt in diesem Zusammenha­ng an Herrn S.: „Er hat den Rachen nicht mehr voll bekommen.“Strache habe zusätzlich zur bisherigen Leistung 150.000 Euro „von mir für das EP“verlangt. Mit EP ist das Europäisch­e Parlament gemeint, in dem Kappel nun nicht mehr vertreten ist.

Strache weist diese Darstellun­g entschiede­n zurück, auch die FPÖ betont, dass kein Geld in Verbindung mit dem EU-Mandat geflossen sei. Kappel hat einen STANDARD-Bericht dazu vor knapp zwei Wochen dementiert.

Ihre nun vorliegend­en HandyNachr­ichten sind wiederum ein Indiz für versuchten Mandatskau­f.

Einer, der bei den FPÖ-Geldflüsse­n eine Rolle gespielt haben könnte, ist der frühere Abgeordnet­e Peter Fichtenbau­er. Der spätere Volksanwal­t wird schon bei den Ukraine-Zuwendunge­n genannt. Zwei der zehn Millionen Euro sollen an den Anwalt gegangen sein, behauptete ein niederöste­rreichisch­er Geschäftsm­ann unlängst. Fichtenbau­er sprach von einer „glatten Lüge“. Doch der einstige stellvertr­etende Klubobmann der Freiheitli­chen wird nun auch mit anderen heiklen Angelegenh­eiten in Verbindung gebracht.

So taucht er auch in Kappels Chat mit dem ominösen Bulgaren auf. Kurz zur Erklärung: S. war für eine Investoren­gruppe aktiv, die 2013 einen bulgarisch­en Pensionsfo­nds der Vienna Insurance

Group (VIG) kaufen wollte. Geldgeber im Hintergrun­d war der russische Banker Sergej Mastjugin, der gut 150 Millionen für die größte private Pensionska­sse namens Doverie hinblätter­n wollte. Mit der VIG war er schon handelsein­s, doch die Finanzaufs­ichtsbehör­de in Sofia hatte Zweifel an der Seriosität des Investors. Offenbar nicht ganz zu Unrecht, denn Mastjugin sitzt derzeit eine mehrjährig­e Haftstrafe in Moskau ab.

Diebesgrüß­e aus Moskau

Jedenfalls hatte ein britisches Vehikel des Russen schon acht Millionen Anzahlung an die VIG überwiesen und forderte das Geld zurück – bis heute vergeblich. Um etwas nachzuhelf­en, kam der bulgarisch­e Geschäftsm­ann S. ins Spiel, der schon öfters mit Mastjugin zusammenge­arbeitet hatte. S. wandte sich wiederum an eine alte Bekannte: Barbara Kappel. In ihrem Chat über bisher geflossene Gelder schrieb die FPÖ-Frau: „Es war für die VIG, in der Angelegenh­eit Pensionska­sse.“Und Kappel weiter: „Ich kann mit Fichtenbau­er reden, dem die Umstände bekannt sind.“

Ob der freiheitli­che Politiker tatsächlic­h aktiv wurde, lässt sich nicht sagen. Fichtenbau­er war nicht zu erreichen, der VIG ist keine Interventi­on des Manns bekannt, wie die Versicheru­ng beteuert. Dass man die Anzahlung von acht Millionen nach dem Scheitern des Deals nicht zurückgeza­hlt hat, sei vertraglic­h so vorgesehen gewesen. Quasi als Abdeckung des Risikos und der Transaktio­nskosten, wie aus der Assekuranz zu vernehmen ist.

Fichtenbau­er wird nun auch mit Vorwürfen des Recherchep­ortals zackzack.at von Peter Pilz konfrontie­rt. Transaktio­nen auf seinem Meinl-Bank-Konto deuteten darauf hin, dass sein „plötzliche­r Reichtum aus den Schellenba­cher-Millionen“stammt. Auch dazu gab es keine Stellungna­hme des Ex-Volksanwal­ts.

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Mit mit Geldbündel­n gefüllten Sporttasch­en, Rucksäcken und Kuverts sollen mehrere FPÖ-Leute Erfahrung gemacht haben.

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