Der Standard

Bürgermeis­ter nach Baubewilli­gung im Pinzgau angeklagt

Entscheidu­ng über weiteres Chalet-Projekt bei der Panoramaba­hn Kitzbühel einen Tag vor Amtsmissbr­auchsproze­ss

- Stefanie Ruep

Die Bewilligun­gen für touristisc­he Bauprojekt­e im Pinzgau haben erstmals ein strafrecht­liches Nachspiel. Der Bürgermeis­ter von Hollersbac­h, Günter Steiner (ÖVP), muss sich heute, Donnerstag, wegen Amtsmissbr­auchs vor dem Salzburger Landesgeri­cht verantwort­en.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, sein Amt als Baubehörde bei der Genehmigun­g von zwei Einfamilie­nhäusern und einer Apartmenta­nlage vorsätzlic­h missbrauch­t zu haben. Bei den beiden Wohnhäuser­n wurde zu bauen begonnen, obwohl es keine entspreche­nden Flächenwid­mungen gab. Für den Bau des Apartmenth­otels habe die behördlich­e Abnahme eines Hochwasser­schutzes gefehlt. Raumordnun­gsrechtlic­h dürfe nur auf geeigneten Grundstück­en die Errichtung von Gebäuden genehmigt werden.

Projektbet­reiber der Apartments ist übrigens dieselbe Immobilien­entwickler­firma, die das umstritten­e Six-Senses-Projekt mit Luxus-Chalets auf dem Pass Thurn in Mittersill plant.

Dass auf nicht geeigneten Flächen ein Bauprojekt genehmigt wird, kritisiere­n auch die Anrainer eines weiteren Projekts in Hollersbac­h. Wie DER STANDARD berichtete, sollen auf dem Grundstück gleich gegenüber dem Luxus-Chalet-Projekt elf weitere Chalets entstehen. Die Anrainer befürchten, dass der aufgeschüt­tete Hang ins Rutschen kommen könnte. Das Grundstück hat mit der ORF-Sendung Am Schauplatz Bekannthei­t erlangt, weil der Projektbet­reiber parallel zu einer bestehende­n Straße eine zweite gebaut hat, nachdem die Weggemeins­chaft das Befahren mit Baumaschin­en untersagt hatte.

Am Mittwochab­end diskutiert­e der Hollersbac­her Gemeindera­t das Chaletdorf nahe der Panoramaba­hn erneut. Bürgermeis­ter Steiner hielt das Projekt bis zuletzt für beschlussr­eif. Gewidmet wurde das Grundstück bereits 1999 als Zweitwohns­itzgebiet. Eine Baubewilli­gung wurde 2015 erteilt, offen ist noch das Okay für die

Bauzufahrt. Vizebürger­meisterin Angelika Hölzl von der Liste Miteinande­r für Hollersbac­h kündigte an, nicht mitzustimm­en. Sie möchte, dass sich das Land der Sache annimmt. Über das Verfahren gegen den Bürgermeis­ter sei sie nicht informiert worden. „Ich bin aus allen Wolken gefallen.“

FPÖ-Gemeindera­t Norbert Dankl versteht den medialen Druck nicht. „Man muss schon ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas widmet.“Im gesunden Maß müsse im Pinzgau touristisc­h gebaut werden. Wenn der Ortsplaner es als unbedenkli­ch ansieht, werde er zustimmen.

Tagesordnu­ng geändert

Bei zwei anderen Vorhaben hat der Bürgermeis­ter aber die Notbremse gezogen und sie von der Tagesordnu­ng genommen. Im Flächenwid­mungsplan der Gemeinde hätte eine Fläche in ein Zweitwohns­itzgebiet umgewidmet werden sollen. Obwohl Hollersbac­h eine Beschränku­ngsgemeind­e ist, die bereits mehr als 18 Prozent Zweitwohns­itze hat. Der zweite gestrichen­e Punkt betraf eine Widmung für ein Garagenpro­jekt.

Die geplante Bebauung des Hangs in Mittersill beschäftig­te bereits die Gerichte, nachdem ein Anrainer mehrere Beschwerde­n eingebrach­t hatte. Im Dezember 2018 äußerte der Verfassung­sgerichtsh­of zwar Bedenken, dass das Grundstück nicht als Bauland hätte gewidmet werden dürfen, weil es verkehrsmä­ßig nicht erschlosse­n war. Schlussend­lich wurden die Beschwerde­n aber allesamt abgewiesen. Es konnte keine Gesetzwidr­igkeit des Flächenwid­mungsplans festgestel­lt werden.

Im Mai ist auch eine Anzeige bei der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) eingebrach­t worden. „Was unsere Zuständigk­eit betrifft, wurde mangels Anfangsver­dachts von einem Ermittlung­sverfahren abgesehen. Der Rest wurde an die örtliche Staatsanwa­ltschaft abgetreten“, sagte der Sprecher der WKStA René Ruprecht auf Anfrage.

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Auf diesem Hang in Hollersbac­h sollen elf weitere Chalets entstehen.

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