Bürgermeister nach Baubewilligung im Pinzgau angeklagt
Entscheidung über weiteres Chalet-Projekt bei der Panoramabahn Kitzbühel einen Tag vor Amtsmissbrauchsprozess
Die Bewilligungen für touristische Bauprojekte im Pinzgau haben erstmals ein strafrechtliches Nachspiel. Der Bürgermeister von Hollersbach, Günter Steiner (ÖVP), muss sich heute, Donnerstag, wegen Amtsmissbrauchs vor dem Salzburger Landesgericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sein Amt als Baubehörde bei der Genehmigung von zwei Einfamilienhäusern und einer Apartmentanlage vorsätzlich missbraucht zu haben. Bei den beiden Wohnhäusern wurde zu bauen begonnen, obwohl es keine entsprechenden Flächenwidmungen gab. Für den Bau des Apartmenthotels habe die behördliche Abnahme eines Hochwasserschutzes gefehlt. Raumordnungsrechtlich dürfe nur auf geeigneten Grundstücken die Errichtung von Gebäuden genehmigt werden.
Projektbetreiber der Apartments ist übrigens dieselbe Immobilienentwicklerfirma, die das umstrittene Six-Senses-Projekt mit Luxus-Chalets auf dem Pass Thurn in Mittersill plant.
Dass auf nicht geeigneten Flächen ein Bauprojekt genehmigt wird, kritisieren auch die Anrainer eines weiteren Projekts in Hollersbach. Wie DER STANDARD berichtete, sollen auf dem Grundstück gleich gegenüber dem Luxus-Chalet-Projekt elf weitere Chalets entstehen. Die Anrainer befürchten, dass der aufgeschüttete Hang ins Rutschen kommen könnte. Das Grundstück hat mit der ORF-Sendung Am Schauplatz Bekanntheit erlangt, weil der Projektbetreiber parallel zu einer bestehenden Straße eine zweite gebaut hat, nachdem die Weggemeinschaft das Befahren mit Baumaschinen untersagt hatte.
Am Mittwochabend diskutierte der Hollersbacher Gemeinderat das Chaletdorf nahe der Panoramabahn erneut. Bürgermeister Steiner hielt das Projekt bis zuletzt für beschlussreif. Gewidmet wurde das Grundstück bereits 1999 als Zweitwohnsitzgebiet. Eine Baubewilligung wurde 2015 erteilt, offen ist noch das Okay für die
Bauzufahrt. Vizebürgermeisterin Angelika Hölzl von der Liste Miteinander für Hollersbach kündigte an, nicht mitzustimmen. Sie möchte, dass sich das Land der Sache annimmt. Über das Verfahren gegen den Bürgermeister sei sie nicht informiert worden. „Ich bin aus allen Wolken gefallen.“
FPÖ-Gemeinderat Norbert Dankl versteht den medialen Druck nicht. „Man muss schon ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas widmet.“Im gesunden Maß müsse im Pinzgau touristisch gebaut werden. Wenn der Ortsplaner es als unbedenklich ansieht, werde er zustimmen.
Tagesordnung geändert
Bei zwei anderen Vorhaben hat der Bürgermeister aber die Notbremse gezogen und sie von der Tagesordnung genommen. Im Flächenwidmungsplan der Gemeinde hätte eine Fläche in ein Zweitwohnsitzgebiet umgewidmet werden sollen. Obwohl Hollersbach eine Beschränkungsgemeinde ist, die bereits mehr als 18 Prozent Zweitwohnsitze hat. Der zweite gestrichene Punkt betraf eine Widmung für ein Garagenprojekt.
Die geplante Bebauung des Hangs in Mittersill beschäftigte bereits die Gerichte, nachdem ein Anrainer mehrere Beschwerden eingebracht hatte. Im Dezember 2018 äußerte der Verfassungsgerichtshof zwar Bedenken, dass das Grundstück nicht als Bauland hätte gewidmet werden dürfen, weil es verkehrsmäßig nicht erschlossen war. Schlussendlich wurden die Beschwerden aber allesamt abgewiesen. Es konnte keine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans festgestellt werden.
Im Mai ist auch eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebracht worden. „Was unsere Zuständigkeit betrifft, wurde mangels Anfangsverdachts von einem Ermittlungsverfahren abgesehen. Der Rest wurde an die örtliche Staatsanwaltschaft abgetreten“, sagte der Sprecher der WKStA René Ruprecht auf Anfrage.