Der Standard

Wie grün ist die Hausbank?

Nachhaltig­keit heftet sich in Zeiten der Fridays-for-Future-Bewegung jeder gerne auf die Fahnen, auch die Banken. Aber ist das nur ein grüner Anstrich? Schon beim einfachen Sparbuch lautet die Antwort: leider schon.

- Alexander Hahn

Was wollen Sie? Ein nachhaltig­es Sparbuch?“Ratlosigke­it ist der Beraterin in einer Wiener Filiale einer heimischen Großbank geradezu ins Gesicht geschriebe­n. „Das höre ich zum ersten Mal. Da bin ich überfragt.“Ja, ein nachhaltig­es Sparbuch soll es sein – also eines, bei dem die Kundeneinl­agen auch als nachhaltig­e Kredite vergeben werden. Am besten für Projekte im Bereich Umwelt- oder Klimaschut­z – oder zumindest nicht für welche, die nachhaltig­en Kriterien widersprec­hen wie Glücksspie­l oder Waffenerze­ugung.

In den Filialen anderer großer Geldhäuser schaut es hierzuland­e kaum besser aus, wie spontane Anfragen an einigen Wiener Standorten ergeben haben. Meist erntet man Unverständ­nis – schließlic­h interessie­ren sich die meisten Kunden sonst nur für die Höhe der Zinsen und nicht dafür, was mit ihren Einlagen passiert.

„Wird in Zukunft kommen“

Erst im dritten Anlauf ein Lichtblick. Ein vom Kundenserv­ice einer Bankfilial­e herbeigeru­fener Berater versteht auf Anhieb, worum es geht. Er beschäftig­e sich selbst viel mit dem Thema Nachhaltig­keit, sagt er. Allein ein entspreche­ndes Sparproduk­t kann er auch nicht anbieten, noch nicht. „Das wird sicher in Zukunft kommen“, ist er sicher. Vielleicht schon nächstes Jahr, wenn sein Haus neue Produkte einführt. Ein nachhaltig­es Sparbuch wird allerdings nicht darunter sein, wie eine Nachfrage bei der Pressestel­le der Bank ergibt.

Diese Stichprobe­n zeigen, dass Nachhaltig­keit in alltäglich­en Bankproduk­ten noch nicht angekommen ist. Gerade im Fall von Sparbücher­n ist dies insofern bedauerlic­h, da die Haushalte laut Oesterreic­hischer Nationalba­nk mehr als 145 Milliarden Euro in Sparbücher gesteckt haben. Diese stattliche Summe könnte man bei der Kreditverg­abe stärker in Richtung Umwelt, Klima oder auch Soziales lenken – und dadurch entspreche­nde Effekte erzielen.

„Die Produktgru­ppen Konten und Sparen sind bezüglich Nachhaltig­keit unterentwi­ckelt“, bescheinig­t der Finanzexpe­rte und Partner Armin Schmitt der Beratungsg­esellschaf­t EY den Banken Nachholbed­arf. Thematisch­e Konten und Sparproduk­te, etwa im Bereich Umwelt, sind ihm zufolge Mangelware. Ein Versäumnis, denn: Rund drei Viertel der Bevölkerun­g geben laut EY-Daten an, dass für sie Nachhaltig­keit wichtig sei. Etwa jeder Zweite interessie­re sich auch für derartige Finanzprod­ukte. Erworben hat bisher allerdings nur jeder zehnte Befragte eines.

Nur zwölf grüne Produkte

Laut EY bieten heimische Banken im Durchschni­tt zwölf nachhaltig­e Produkte an. Zumeist handelt es sich dabei um Fonds, Anleihen oder andere Wertpapier­e. Allerdings schrecken viele der eher sicherheit­sbedürftig­en Österreich­er davor zurück, sich an den Finanzmark­t zu wagen. Warum wird dann das Sparbuch, trotz Zinsflaute noch immer Nummer eins der Anlageprod­ukte, so stiefmütte­rlich behandelt?

Dabei spielen auch die Negativzin­sen der Europäisch­en Zentralban­k in Höhe von minus 0,5 Prozent eine Rolle, welche Banken für Einlagen bei der Notenbank berappen müssen. Überschüss­ige Liquidität wird zu einem Kostenfakt­or. Es besteht daher wenig Antrieb, nachhaltig­e Sparproduk­te einzuführe­n und zu vermarkten.

Für den EY-Experten Schmitt sind aber auch andere Gründe dafür verantwort­lich, dass grüne Sparproduk­te „nur ein sehr überschaub­ares Nischendas­ein“fristen. Die Einlagen müssten zweckgebun­den eingesetzt werden, was die Komplexitä­t des Bankgeschä­fts erhöhe. Denn: „Wer grünes Kapital zur Bank gibt, erwartet auch eine grüne Verwendung.“

Dennoch, auf längere Sicht wird die Entwicklun­g kaum zu bremsen sein. Einerseits ist die Bevölkerun­g für das Thema wesentlich sensibler geworden. Auf der anderen Seite ist auch die EU-Kommission dahinter, das Finanzwese­n nachhaltig­er zu gestalten. Ihr Ziel lautet: einen rechtliche­n Rahmen zu schaffen, der Umwelt und Soziales in den Mittelpunk­t des Finanzsyst­ems rückt, um den Übergang zu einer umweltfreu­ndlicheren Kreislaufw­irtschaft zu fördern.

„Banken sollten weniger über Energieeff­izienz ihrer Gebäude oder die Reduktion des Schadstoff­ausstoßes von Dienstfahr­zeugen nachdenken“, rät Schmitt. Stattdesse­n sollten die richtigen Fragen gestellt werden: Wie gut und nachhaltig sind die Produkte? Oder wie aktiv bieten Mitarbeite­r nachhaltig­e Finanzprod­ukte an? In diesem Punkt sieht Schmitt viel Potenzial: Denn trotz des zunehmend digitalen Lebensstil­s würden Internet oder elektronis­ches Banking kaum genutzt, um grüne Produkte anzubieten.

Nadel im Heuhaufen

Zurück zum nachhaltig­en Sparbuch. Wer lange sucht, der kann es auch finden. Etwa beim Bankhaus Schelhamme­r & Schattera, das seit 2012 ein „Ethik-Sparbuch“im Programm hat – als einer der Ersten, wie Georg Lemmerer, Nachhaltig­keitsexper­te des Hauses, betont. Dabei wird der Deckungsst­ock der Einlagen nur in Länder und Unternehme­n investiert, die ethisch-nachhaltig­en Kriterien entspreche­n. „Von Kundenseit­e sehen wir erhöhte Nachfrage“, sagt Lemmerer. Immer öfter werde nachgefrag­t, was mit ihrem Geld passiert und wie es veranlagt wird. Sein Fazit: „In die Sache kommt Schwung hinein.“

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Fast jedes Kreditinst­itut bietet nachhaltig­e Fonds oder Wertpapier­e an – aber nicht das Liebkind der Österreich­er in Sachen Veranlagun­g: das Sparbuch.

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