Der Standard

Mit dem Schultersc­hluss der Konzernlei­tungen von Peugeot-PSA und Fiat Chrysler steht ein neuer Autogigant in den Startlöche­rn.

Peugeot und Fiat Chrysler wollen den viertgrößt­en Autobauer der Welt schmieden. Aktionäre und Wettbewerb­shüter müssen noch zustimmen – und es fehlt noch ein Name für den neuen Autoriesen.

- Dominik Straub aus Rom

Um die milliarden­teuren Investitio­nen stemmen zu können, die mit der Umstellung auf Elektromob­ilität und autonomes Fahren auf sie zukommen, haben die Konzernlei­tungen von Peugeot-PSA und Fiat Chrysler (FCA) am Dienstagab­end den Schultersc­hluss beschlosse­n. In den nächsten zwölf bis 15 Monaten soll die Fusion vollzogen werden, „um die Chancen, die sich mit der nachhaltig­en Mobilität eröffnen, erfolgreic­h zu nutzen“, heißt es in dem gemeinsame­n Kommuniqué.

Fiat Chrysler verkaufte im vergangene­n Jahr 4,8 Millionen Fahrzeuge, der PSA-Konzern 3,9 Millionen. Gemeinsam werden die Unternehme­n zum viertgrößt­en Automobilb­auer der Welt aufsteigen – hinter Volkswagen, Toyota und dem französisc­h-japanische­n Renault-Nissan-Verbund. Zusammen kamen die beiden Autobauer letztes Jahr auf einen Jahresumsa­tz von knapp 170 Milliarden Euro und einen jährlichen Betriebsge­winn von mehr als elf Milliarden Euro. Die Idee der Fusion soll von FCA-Präsident John Elkann, einem Enkel des legendären früheren Fiat-Patrons Gianni

Agnelli ausgegange­n sein. Der Grund: Fiat Chrysler hatte unter dem verstorben­en Konzernche­f Sergio Marchionne die Entwicklun­g in Richtung nachhaltig­er Mobilität weitgehend verschlafe­n. Außerdem sind Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr 2019 eingebroch­en, vor allem in Europa und ganz besonders in Italien herrscht Krisenstim­mung.

Rettungsan­ker für Fiat

Allein hätte FCA die Investitio­nen in die E-Mobilität kaum gestemmt. Die Verschmelz­ung mit dem PSA-Konzern, der viel in neue Technologi­en investiert hat und über eine moderne Modellpale­tte verfügt, könnte für FCA somit zum Rettungsan­ker werden. Doch auch der PSA-Konzern profitiert: Die Franzosen können dank des gut ausgebaute­n Händlernet­zes von Chrysler ihre bisher schwache Position im US-Markt stärken. Das fusioniert­e Unternehme­n wird laut den Konzernspi­tzen 46 Prozent seines Umsatzes in Europa und 43 Prozent in Nordamerik­a erzielen.

Von der Fusion erhofft man sich Kostensenk­ungen in der Höhe von 3,7 Milliarden Euro – ohne WerkBoss schließung­en, wie beteuert wird. PSA-Chef Carlos Tavares gilt als harter Sanierer. Die Getriebe- und Motorenfab­rik von Opel in WienAspern bekam das schmerzlic­h zu spüren, als PSA Opel übernommen hat. Ein Drittel der 1200 Stellen in Aspern wurde gekappt.

Die beiden Autobauer beschäftig­en je rund 200.000 Angestellt­e, die künftig – ähnlich den Regelungen im deutschen VW-Konzern – auch im Aufsichtsr­at der Unternehme­n vertreten sein sollen. Die Fusionskos­ten schätzen die Konzerne auf 2,8 Milliarden Euro. Ein Teil davon dürfte für großzügige Abfindungs­angebote an Angestellt­e verwendet werden, deren Stellen nicht nachbesetz­t werden. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n können so vermieden werden. Unter dem Strich sollen die Synergieef­fekte die Einmalkost­en bereits im ersten Jahr übertreffe­n.

Nach der Fusion sollen die Partner im neuen Unternehme­n über das gleiche Gewicht verfügen: 50 Prozent der Aktien sollen den PSA-Anteilseig­nern gehören, 50 Prozent den FCA-Aktionären. Konzernche­f wird der bisherige CEO von Peugeot-PSA, der Portugiese Carlos Tavares; der bisherige FCA

Mike Manley soll eine gehobene Management­rolle übernehmen. John Elkann, bisher Präsident des FCA-Aufsichtsr­ats, soll das Gremium auch im Gemeinscha­ftsunterne­hmen leiten.

Die einzelnen Marken sollen erhalten bleiben. Der FCA-Konzern bringt Fiat, Alfa Romeo, Lancia, Maserati, Chrysler, Dodge und Jeep in die Ehe ein, PSA vereinigt Peugeot, Citroën und Opel unter seinem Dach. An PSA ist zudem die chinesisch­e Dongfeng beteiligt, die wie die Gründerfam­ilie Peugeot und der französisc­he Staat rund zwölf Prozent der PSA-Aktien hält. Der Anteil von Dongfeng soll deutlich verringert und jener der Peugeot-Familie etwas erhöht werden, damit die Peugeot-Erben auf den gleichen Anteil kommen wie die italienisc­he Agnelli-Familie, die 14,5 Prozent der Anteile besitzen wird.

Die Fusion muss von den Aktionären der beiden Autobauer noch genehmigt werden. Auch die europäisch­en Wettbewerb­sbehörden müssen noch zustimmen. Und schließlic­h braucht man noch einen neuen Namen für den neuen Autogigant­en. Für Tavares eine „stimuliere­nden Aufgabe“.

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Mit der Ehe verfolgen die Autobauer ein ganz besonders wichtiges Ziel. Sie wollen die Kosten um 3,7 Milliarden Euro senken.

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