Der Standard

Was gegen Populisten hilft? Fakten und ein bisschen Liebe

- András Szigetvari

In der politische­n Debatte erfreuen sie sich seit einiger Zeit extremer Beliebthei­t: ob nun vom „kleinen Mann“die Rede ist oder den „einfachen Leuten“. Rechtspopu­listen von Donald Trump über Viktor Orbán bis hin zu Boris Johnson punkten in der politische­n Arena, indem sie vorgeben, die Wünsche und Sorgen des breiten Volkes – das eben nicht zur Bobo-Elite gehört – verstanden zu haben und ernst zu nehmen.

Der Autor Robert Misik hat ein spannendes Buch über die „falschen Freunde der einfachen Leute“geschriebe­n. Misik beschränkt sich nicht bloß darauf dazulegen, warum es gerade die angebliche­n Kämpfer für den „kleinen Mann“sind, die diesen besonders schnell verraten, wenn sie erst an der Macht sind. Das wäre zu trivial. Misik bietet einen spannenden politische­n Einblick dazu, wer diese einfachen Leute, bei ihm die (neue) Arbeiterkl­asse, eigentlich sind und was sie dazu antreibt, den Populisten ins Fangnetz zu gehen. Wobei Misik beschreibt, dass es eben immer nur um einen Teil der arbeitende­n Bevölkerun­g und der einfachen Leute geht, weil viele für die Heilsversp­rechen der Trumps und Orbáns unerreichb­ar bleiben. Dabei bietet er interessan­te Beispiele an: In Wien etwa haben bei der Nationalra­tswahl 2017 in Margareten gerade 14 Prozent der Bürger die FPÖ gewählt, in Simmering aber 32 Prozent, obwohl die Bevölkerun­g in beiden Bezirken soziodemog­rafisch recht ähnlich ist.

Misik führt den Leser gekonnt von einer Station zur nächsten. Er skizziert die Geschichte der Arbeiterkl­asse als politische Bewegung, die es in den 1960erJahr­en schafft, die materielle Absicherun­g für ihre Mitglieder zu erreichen. Just in dem Moment setzt die Individual­isierung ein, der zunehmende Wettbewerb durch Globalisie­rung – und die gefühlte Sicherheit ist weg. Misik greift auch für Linke unangenehm­e Themen auf. Dazu gehört, wie in manchen „akademisch­en Milieus“auf angebliche Privilegie­n der „weißen Männer“geschimpft und wie die Sprache der einfachen Leute mitunter abgewertet wird. Misiks unkonventi­oneller Ratschlag an Politiker im Kampf gegen Populismus: „Man muss die Leute gernhaben.“

Robert Misik, „Die falschen Freunde der einfachen Leute“. € 14,– / 138 Seiten. Suhrkamp 2019

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