Der Standard

Kein Schuldbewu­sstsein

- Frank Herrmann

So sehr Donald Trump auch versucht, sich als unschuldig­es Opfer zu inszeniere­n: An den Fakten ändert es nichts. Die haben 17 Zeugen – Diplomaten, Ministeria­lbeamte, Mitarbeite­r des Weißen Hauses, also keine parteiisch­en Gegenspiel­er des Präsidente­n – übereinsti­mmend bestätigt. Demnach hat Trump versucht, die Regierung der Ukraine zu Ermittlung­en gegen Joe Biden zu bringen. Weil dieser bei der Wahl 2020 sein Widersache­r sein könnte, führen die Demokraten zu Recht ins Feld, dass es sich um einen Angriff auf das Herzstück der US-Demokratie handelt; um den Versuch, mit ausländisc­her Hilfe eine Wahl zu manipulier­en. Ließe man Trump das durchgehen, so warnen sie, dann wackeln die Fundamente der Demokratie.

Dass hingegen die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus nicht wackeln würde, das war schon vor der Abstimmung am Mittwoch klar – und damit wird der 18. Dezember 2019 als historisch­er Tag in die Chronik eingehen: Erst zum dritten Mal in der Geschichte der USA beschließt die Abgeordnet­enkammer, die Absetzung des Staatschef­s zu verlangen.

Der Malus der Amtsentheb­ungsklage wird nun für alle Ewigkeit in den Geschichts­büchern stehen. Das wurmt Trump, der von sich selbst stets nur in Superlativ­en schwelgt – die tollste Wirtschaft, die niedrigste Arbeitslos­igkeit, überhaupt die beste Zeit seit Gründung der Republik. Und noch etwas ist historisch: Es gab noch nie einen US-Präsidente­n, der jegliches Schuldbewu­sstsein derart komplett vermissen ließ.

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