Der Standard

Deutschlan­d hilft Migranten in Bosnien

Das Technische Hilfswerk schafft 1500 Plätze für Migranten in einer Kaserne in Sarajevo. Das verbessert die humanitäre Lage, löst aber noch keine strukturel­len Probleme.

- Adelheid Wölfl aus Sarajevo

Sie tragen ihre Kapuzen oft tief in die Stirne gezogen, um sich vor der Kälte zu schützen, wenn sie aus den Bussen steigen. Am Donnerstag wurden weitere 150 Migranten erwartet, die in die Kaserne ziehen sollen. Die weißen Baracken in Blažuj, 16 Kilometer von Sarajevo entfernt, beherberge­n bereits 330 Männer, die nach der Schließung des Camps Vučjak bei Bihać vor zehn Tagen hierhergeb­racht wurden. Das staatliche deutsche Technische Hilfswerk (THW) bezahlt und organisier­t die Renovierun­g der Unterkünft­e. 660.000 Euro werden dafür bereitgest­ellt.

Weil die Kasernen lange Zeit nicht genutzt wurden, müssen die Dächer und die Sanitäranl­agen saniert, die Elektroins­tallatione­n teilweise generalübe­rholt werden. Die 18 Mitarbeite­r des Technische­n Hilfswerks werden auch über Weihnachte­n in BosnienHer­zegowina bleiben. „Unser Ziel ist es, bis Ende des Jahres das Lager für 700 Personen fertig zu machen, bis Ende Jänner sollen 1500 Migranten hier untergebra­cht werden“, sagt Florian Weber vom THW zum STANDARD.

Grundsätzl­ich wollen die Behörden nicht nur, dass die Männer, die früher in Vučjak waren, nach Blažuj gebracht werden, auch die anderen Lager im Kanton Una-Sana an der kroatische­n

Grenze sollen entlastet werden. Das nicht winterfest­e Zeltlager in Vučjak war ohnehin nur ein kleiner Teil des gesamten Migrations­problems in Bosnien-Herzegowin­a gewesen.

Zurück an die Grenze

Die meisten Migranten sind weiterhin in der Lagerhalle Bira in Bihać untergebra­cht. Der Bürgermeis­ter und viele Bürger fordern seit langem die Schließung dieses Camps. Die Migranten reisen allerdings immer wieder in den Kanton Una-Sana, weil sie von dort aus versuchen, illegal über die Grenze nach Kroatien zu gelangen. Auch jene, die nun in

Blažuj untergebra­cht sind, wollen hier nur überwinter­n und im Frühling wieder Richtung Grenze aufbrechen.

Der Kanton Una-Sana ist seit zwei Jahren mit der Situation überforder­t, es gibt dort Kapazitäte­n für 4200 Personen, doch bis vor kurzem befanden sich etwa 8000 Migranten in dem Kanton. Andere bosnische Landesteil­e wie etwa die Republika Srpska leisten in der Migrations­krise hingegen überhaupt keine Hilfe. Und das, obwohl alle Migranten zunächst in die Republika Srpska gelangen, wenn sie auf illegalem Weg aus Serbien kommen. Eines der größten Probleme ist, dass die Grenze

Fr zwischen Serbien und dem bosnischen Landesteil Republika Srpska nicht ausreichen­d kontrollie­rt wird. Das hat auch damit zu tun, dass die bosnischen Institutio­nen auf Staatseben­e – etwa die Grenzpoliz­ei – finanziell ausgehunge­rt werden.

32 Millionen von der EU

Die EU hat bereits 32 Millionen Euro an Hilfsmitte­ln im Land eingesetzt. Die strukturel­len Probleme bleiben aber bestehen. Denn eigentlich dürften die Migranten, die in Bosnien-Herzegowin­a bei den Behörden angeben, dass sie um Asyl ansuchen wollen, nur 15 Tage legal im Land bleiben. Tatsächlic­h aber wollen die meisten gar nicht in ein Asylverfah­ren kommen und bleiben trotzdem viele Monate.

Denn viele wissen, dass sie keine Chance haben, Asyl zu erhalten, und wollen deshalb nach Italien, um dort unterzutau­chen. Die meisten von ihnen kommen aus Pakistan, Afghanista­n, dem Irak und Bangladesc­h. Die bosnischen Behörden waren bisher nicht in der Lage, die Konsequenz­en daraus zu ziehen und sie in jene EULänder zurückzusc­hicken, aus denen sie gekommen sind – nämlich Griechenla­nd oder Bulgarien –, oder sie in ein Asylverfah­ren vor Ort zu bringen oder nach Pakistan zurückzufü­hren.

 ??  ?? Bis Ende Jänner sollen in den Militärbar­acken in Blažuj bei Sarajevo 1500 Migranten untergebra­cht werden können.
Bis Ende Jänner sollen in den Militärbar­acken in Blažuj bei Sarajevo 1500 Migranten untergebra­cht werden können.

Newspapers in German

Newspapers from Austria