Stillschweigen über Deal
Die Republik hat sich mit Volkswagen verglichen. Vom Dieselskandal betroffen waren und sind mehr als 2000 öffentliche Fahrzeuge, die meisten im Polizeieinsatz.
Die Republik Österreich hat nach dem Dieselskandal einen Vergleich mit Volkswagen geschlossen.
Die Prozesslawine gegen Volkswagen wegen Abgasmanipulation rollt und rollt. Hunderttausende Fahrer haben wegen der im September 2015 aufgeflogenen Abschaltvorrichtung geklagt, zudem laufen strafrechtliche Ermittlungen in mehreren Ländern sowie Verfahren geschädigter Anleger. So ganz klar ist auch mehr als vier Jahre nach Dieselgate nicht, wer welche Ansprüche durchsetzen kann. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Entscheidungen.
Allein deutsche Zivilgerichte haben laut VW-Angaben bereits 38.000 Urteile gefällt. In Österreich laufen ebenfalls mehrere Verfahren. Der hierzulande wohl prominenteste Fall wurde nun erledigt. Die Republik Österreich hat einen Weihnachtsfrieden mit Volkswagen geschlossen. Der Staat ist ein Großkunde des weltgrößten Autobauers, vor allem die Polizei verwendet zahlreiche Modelle aus der VW-Familie. Das Gros der Fahrzeuge wurde geleast, ein Teil auch gekauft. Im Zuständigkeitsbereich
des Innenministeriums waren 2100 Autos von der Manipulation betroffen.
Die Republik hatte sich nach einer mehrjährigen Schrecksekunde 2018 – wie auch viele private und betriebliche VW-Halter – dazu durchgerungen, gegen den deutschen Konzern vorzugehen. Wobei hinter vorgehaltener Hand erzählt wird, dass der Staat den Schritt eher widerwillig gesetzt habe, befürchte die Politik doch negative Auswirkungen für heimische Autozulieferer, wenn Wien Wolfsburg zu forsch an den Karren fahre.
Doch letztlich gelang es der Finanzprokuratur, dem Anwalt der Republik, die politischen Widerstände einigermaßen zu überwinden. Sie klagte nicht direkt auf Schadenersatz für die Wertminderung der Fahrzeuge, sondern schloss sich als Privatbeteiligte den Ermittlungen der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen Volkswagen an. Die Wertminderung des betroffenen Fuhrparks wurde mit mindestens 2,6 Millionen Euro angegeben und sei durch arglistige Täuschung verursacht worden, hieß es in der Eingabe. Wegen der Manipulation der Abgaswerte sei der Kaufpreis überhöht gewesen beziehungsweise seien zu hohe Leasingraten bezahlt worden. Der bestehende Mangel sei überdies durch die VW-Software-Updates nicht behoben worden, meinte die Finanzprokuratur.
Geld schon auf dem Konto
Das hat offenbar einen gewissen Eindruck hinterlassen, denn mit der nun vereinbarten außergerichtlichen Lösung leiste VW eine „angemessene Entschädigung“, wie Innenminister Wolfgang Peschorn sagt. Er kennt den Fall recht gut, war er doch vor seinem Einstieg in die Übergangsregierung Präsident der Finanzprokuratur. Über die Höhe der Zahlung, die schon auf dem Konto eingelangt sei, will sich Peschorn nicht äußern und beruft sich auf mit VW vereinbartes Stillschweigen. In Volkswagen-Kreisen ist von einem Betrag etwas unter dem Streitwert die Rede. Offiziell war von dem Konzern vorerst keine Stellungnahme zu erhalten.
Peschorn betont, dass der Vergleich auf Basis eines von der Republik beauftragten gerichtlich beeideten Sachverständigen erfolgt sei. Der Minister räumt freilich ein, dass ihm viel an einer „vernünftigen Vorgangsweise“gelegen sei. Er spielt damit offenbar auf die tausenden unerledigten Gerichtsprozesse und widersprüchlichen Ausgänge an. Denn vier Jahre nach Auffliegen des Skandals gibt es nach wie vor kein letztinstanzliches Urteil. Die Musterklage von 450.000 VW-Fahrern am Gerichtsstand Braunschweig hat Ende September begonnen.
Auch in Österreich laufen einige Verfahren. Laut Verbraucherschützern existieren 16 Sammelklagen für 10.000 heimische VW-Käufer, 7500 Autohalter werden durch Cobin Claims vertreten. 2500 Personen klagten individuell.