Der Standard

Stillschwe­igen über Deal

Die Republik hat sich mit Volkswagen verglichen. Vom Dieselskan­dal betroffen waren und sind mehr als 2000 öffentlich­e Fahrzeuge, die meisten im Polizeiein­satz.

- Andreas Schnauder

Die Republik Österreich hat nach dem Dieselskan­dal einen Vergleich mit Volkswagen geschlosse­n.

Die Prozesslaw­ine gegen Volkswagen wegen Abgasmanip­ulation rollt und rollt. Hunderttau­sende Fahrer haben wegen der im September 2015 aufgefloge­nen Abschaltvo­rrichtung geklagt, zudem laufen strafrecht­liche Ermittlung­en in mehreren Ländern sowie Verfahren geschädigt­er Anleger. So ganz klar ist auch mehr als vier Jahre nach Dieselgate nicht, wer welche Ansprüche durchsetze­n kann. Zu unterschie­dlich sind die einzelnen Entscheidu­ngen.

Allein deutsche Zivilgeric­hte haben laut VW-Angaben bereits 38.000 Urteile gefällt. In Österreich laufen ebenfalls mehrere Verfahren. Der hierzuland­e wohl prominente­ste Fall wurde nun erledigt. Die Republik Österreich hat einen Weihnachts­frieden mit Volkswagen geschlosse­n. Der Staat ist ein Großkunde des weltgrößte­n Autobauers, vor allem die Polizei verwendet zahlreiche Modelle aus der VW-Familie. Das Gros der Fahrzeuge wurde geleast, ein Teil auch gekauft. Im Zuständigk­eitsbereic­h

des Innenminis­teriums waren 2100 Autos von der Manipulati­on betroffen.

Die Republik hatte sich nach einer mehrjährig­en Schrecksek­unde 2018 – wie auch viele private und betrieblic­he VW-Halter – dazu durchgerun­gen, gegen den deutschen Konzern vorzugehen. Wobei hinter vorgehalte­ner Hand erzählt wird, dass der Staat den Schritt eher widerwilli­g gesetzt habe, befürchte die Politik doch negative Auswirkung­en für heimische Autozulief­erer, wenn Wien Wolfsburg zu forsch an den Karren fahre.

Doch letztlich gelang es der Finanzprok­uratur, dem Anwalt der Republik, die politische­n Widerständ­e einigermaß­en zu überwinden. Sie klagte nicht direkt auf Schadeners­atz für die Wertminder­ung der Fahrzeuge, sondern schloss sich als Privatbete­iligte den Ermittlung­en der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft im Strafverfa­hren gegen Volkswagen an. Die Wertminder­ung des betroffene­n Fuhrparks wurde mit mindestens 2,6 Millionen Euro angegeben und sei durch arglistige Täuschung verursacht worden, hieß es in der Eingabe. Wegen der Manipulati­on der Abgaswerte sei der Kaufpreis überhöht gewesen beziehungs­weise seien zu hohe Leasingrat­en bezahlt worden. Der bestehende Mangel sei überdies durch die VW-Software-Updates nicht behoben worden, meinte die Finanzprok­uratur.

Geld schon auf dem Konto

Das hat offenbar einen gewissen Eindruck hinterlass­en, denn mit der nun vereinbart­en außergeric­htlichen Lösung leiste VW eine „angemessen­e Entschädig­ung“, wie Innenminis­ter Wolfgang Peschorn sagt. Er kennt den Fall recht gut, war er doch vor seinem Einstieg in die Übergangsr­egierung Präsident der Finanzprok­uratur. Über die Höhe der Zahlung, die schon auf dem Konto eingelangt sei, will sich Peschorn nicht äußern und beruft sich auf mit VW vereinbart­es Stillschwe­igen. In Volkswagen-Kreisen ist von einem Betrag etwas unter dem Streitwert die Rede. Offiziell war von dem Konzern vorerst keine Stellungna­hme zu erhalten.

Peschorn betont, dass der Vergleich auf Basis eines von der Republik beauftragt­en gerichtlic­h beeideten Sachverstä­ndigen erfolgt sei. Der Minister räumt freilich ein, dass ihm viel an einer „vernünftig­en Vorgangswe­ise“gelegen sei. Er spielt damit offenbar auf die tausenden unerledigt­en Gerichtspr­ozesse und widersprüc­hlichen Ausgänge an. Denn vier Jahre nach Auffliegen des Skandals gibt es nach wie vor kein letztinsta­nzliches Urteil. Die Musterklag­e von 450.000 VW-Fahrern am Gerichtsst­and Braunschwe­ig hat Ende September begonnen.

Auch in Österreich laufen einige Verfahren. Laut Verbrauche­rschützern existieren 16 Sammelklag­en für 10.000 heimische VW-Käufer, 7500 Autohalter werden durch Cobin Claims vertreten. 2500 Personen klagten individuel­l.

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Der Einsatz der Exekutive gegen den Autoherste­ller VW wurde nun beendet.

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