Netanjahu gewinnt Machtprobe
Rechtskonservative Likud-Partei bestätigt angeklagten Chef im Amt
Er ist und bleibt „König Bibi“– zumindest in seiner eigenen Partei: Mit 72,5 Prozent der Stimmen hat der Likud am Donnerstag Benjamin Netanjahu in seinem Amt als Parteichef bestätigt. Er gewann damit gegen seinen Herausforderer Gideon Saar, der 27,5 Prozent der Stimmen erhielt. Damit ist und bleibt Netanjahu der Spitzenkandidat seiner Partei bei der kommenden Parlamentsneuwahl – trotz seiner Anklage in drei Korruptionsfällen wegen Betrugs, Bestechlichkeit und Untreue. Und obwohl er zweimal in den vergangenen elf Monaten mit der Regierungsbildung gescheitert war.
Noch in der Nacht gratulierte der Verlierer Saar dem neuen und alten Vorsitzenden:
„Meine Freunde und ich werden im Wahlkampf hinter ihm stehen, für den Sieg des Likud bei den Wahlen.“Das Vorgehen sei für den demokratischen Charakter der Partei wichtig gewesen, schrieb er auf Twitter, er habe das Richtige getan.
Netanjahus Sieg hatten Beobachter bereits im Vorfeld erwartet. Der rechtskonservative Likud gilt als Partei, die stets fest hinter ihrem Spitzenpersonal steht: hinter Netanjahu damit bereits durchgehend seit 2005. Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Generalstaatsanwalts Avichai Mandelblit, Netanjahu anzuklagen, demonstrierten im November einige Tausend Anhänger in Tel Aviv, um ihre Solidarität zu bekunden. Sie wiederholten dessen Aussage, die Justiz plane einen Putsch, und beschuldigten „die Medien“, Netanjahu stürzen zu wollen.
Dennoch gab es innerhalb des Likud in den vergangenen Wochen erstmals auch vereinzelt Opposition: Saar war der erste ernstzunehmende Herausforderer in der konservativen Partei in vielen Jahren. Der ehemalige Bildungs- und Innenminister genießt im Gegensatz zu Netanjahu ein Saubermannimage, seine politischen Positionen sind allerdings zum Teil weiter rechts als die des Premiers.
Saar war mit dem Versprechen angetreten, dass es ihm im Vergleich zum Amtsinhaber gelingen werde, eine Regierung zu formen. Mit Netanjahu an der Spitze der Partei dürfte es auch nach der nächsten Wahl fast unmöglich sein, eine Koalition mit dem bisher oppositionellen Bündnis Blau-Weiß von Benny Gantz zu bilden.