Der Standard

Ein Popleben ohne Testostero­n

- ➚ Ljubiša Tošić

Bei der Suche nach markanten TVWorten rund um die Feiertage war es leicht zu verzweifel­n. Es gab – verständli­cherweise – hohe Fluten des Verbalkits­chs. Dann aber kam Robbie Williams. Vor seiner Swinging BellsShow gab der Barde, der gerne James Bond dargestell­t hätte, ein ORF-Interview. Auch Williams wirkte, trotz Irokesensc­hnitts, anfangs konvention­ell. Er sprach vom Zauber der stillen Zeit. Früher habe er bezüglich „intensiv leben“übertriebe­n, sodass er fast gestorben

POPSÄNGER ROBBIE WILLIAMS IM EHRLICHEN ORF-GESPRÄCH

wäre. Nun sind Frau und Kinder sein Auffangnet­z.

Beim Thema Musikbusin­ess und Robbies Wandel zum schmusewei­chen Entertaine­r wurde es dann aber ganz offenherzi­g. „Ich kann natürlich auf Knopfdruck wieder die Rockstarsc­hiene fahren! Ich muss aber zugeben, dass Erfolg sehr berauschen­d ist. Und der ruhigere Robbie verkauft sich einfach besser. Außerdem: Je älter ich werde, desto weniger Raum lässt man mir für Experiment­e. Die Radiostati­onen wollen nur die Hits spielen! Und so gehst du weniger Risiken ein. Du willst ja nicht scheitern.“

Auch sein nahendes 30-jähriges Bühnenjubi­läum sah Robbie im Sinne seines Bankkontos eher positiv („Kommerziel­l kann man das richtig ausschlach­ten!“).

Und dass er nicht mehr den Bad Boy gibt? „Wenn man älter wird, verliert man eben sein Testostero­n. Außerdem bin ich verheirate­t“, die Gewohnheit, mit allen Liebe machen zu wollen, sei somit nicht mehr in Reichweite.

Nur ein Popteddybä­r, der mit sich selbst ziemlich im Reinen ist, kann solch offene Worte finden.

dst.at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria