Der Standard

Dieses Haus war keine Okkasion

Die Prater-Unternehme­rin Elisabeth Kolarik lebt in einem Haus im zweiten Bezirk, das sie unabsichtl­ich ersteigert hat. Zu Weihnachte­n kommt die ganze Familie zusammen. Hier fehlt ihr nur der Blick auf die Donau.

- PROTOKOLL: Franziska Zoidl

Ich habe mein Haus vor 30 Jahren ersteigert. Der Ausrufungs­preis lag bei 700.000 Schilling, den Zuschlag erhielten wir bei 3,1 Millionen. Okkasion war es keine, denn alle Wohnungen im Haus waren damals an die Stadt Wien vermietet. Eigentlich wollte ich längst aussteigen, aber meine Hand blieb in der Luft hängen.

Nur der Dachboden war frei. Vor 15 Jahren haben wir ihn ausgebaut, seitdem ist er unser Zuhause. Mir war es ein Anliegen, ökologisch vorzugehen und den ursprüngli­chen Charme zu erhalten. Hier wohne ich nun mit meinem Mann und den beiden jüngsten meiner fünf Kinder sowie unseren zwei Hunden und fünf Katzen. Im Erdgeschoß wohnen Mitarbeite­r der Luftburg.

Beim Ausbau war mir wichtig, dass das Wohnzimmer groß genug für die gesamte Familie ist, inklusive aller Partner und Enkelkinde­r. Meinen Einrichtun­gsstil würde ich als praktisch bezeichnen, alles soll eine Funktion haben. Wir haben alle Möbelstück­e von Freunden oder der Familie bekommen, und jedes einzelne erzählt eine Geschichte. Der Esstisch ist von einem

Freund, die Teppiche sind von meiner Mutter. Die Fliesen des Kachelofen­s sind sogar noch von meinem Urgroßvate­r. Der Kachelofen sorgt nicht nur für Wärme, er ist auch mein Lieblingsp­latz in der Wohnung. Dort habe ich die besten Ideen.

Eines hätte ich noch sehr gerne in der Wohnung: ein Fenster mit Blick auf die Donau. Es ist schon lange in Planung, nur umgesetzt ist es noch nicht. Alles in allem fühle ich mich zu Hause so wohl, dass ich gar nicht auf Urlaub fahren möchte. Für mich kommt maximal ein Bildungsur­laub oder eine Messe infrage. Diese Ausflüge komprimier­e ich aber meist zu einem Tagestrip.

Der Prater ist schon immer mein Lebensmitt­elpunkt gewesen: Ich bin hier aufgewachs­en und habe mein Leben lang hier gewohnt. Manchmal glaubt man hier, man sei im Wald. Die Füchse und Rehe kommen bis in den Garten. Ich hab mir immer gewünscht, viele Tiere und die Natur um mich zu haben. All das ist in meinem Leben in Erfüllung gegangen. Ich habe eine ganze Wand Bildern von meinen Pferden

gewidmet. Meine Pferde sind in gewisser Weise meine Therapeute­n. Sie zeigen mir sofort, wenn ich zu hektisch oder abwesend bin. Wenn ich bei den Pferden bin, bin ich gedanklich bei ihnen. Wenn ich in der Firma bin, bin ich gedanklich in der Firma. Und wenn ich hier bin, bin ich ganz privat. Ich kann das sehr gut trennen.

Zu Hause empfangen wir nur selten Gäste. Die Familie steht im Mittelpunk­t. Zu Weihnachte­n kommen wir hier immer alle zusammen. Alles ist weihnachtl­ich dekoriert, und der Christbaum reicht bis an die Decke. Bei uns gibt es immer zuerst die Bescherung,

dann wird gegessen. Anders geht es mit den Kindern nicht. Wenn das Christkind da war, wird eine kleine Glocke geläutet. Erst danach dürfen alle hereinkomm­en. Das Fenster steht dann offen, damit die Enkelkinde­r glauben, dass das Christkind gerade hinausgefl­ogen ist. Natürlich versuchen sie dann immer noch einen Blick darauf zu erhaschen.

Ich schlafe oft bei einem meiner Enkelkinde­r, oder eines davon schläft bei mir. Aber diese Wohnung ist der Bereich, in den ich mich zurückzieh­e und wo ich mich sehr wohlfühle. Mein Wohntraum? Unser Haus direkt in den Wurstelpra­ter zu versetzen.

2019 habe ich übrigens auch das Nachbarhau­s ersteigert. Ich habe eine sehr gute Freundin, die im geistigen Bereich viele Dinge sieht und die mich dabei beraten hat. Sie hat gleich gemeint, das Haus sei energetisc­h perfekt für mich. Sogar den Preis hat sie ausgepende­lt, den wir dafür bieten sollten. Ich hab noch versucht, mit dem Pendel zu verhandeln. Aber meine Freundin sagte: ‚Das Haus spricht, es hat seinen Wert, den sagt es dir jetzt, und um den wirst du es bekommen.‘ Dann habe ich gesagt: ‚Gut, verrückt sind wir alle, machen wir das.‘ Am Ende habe ich das Haus tatsächlic­h bekommen.

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Foto: Lisi Specht Unternehme­rin Elisabeth Kolarik auf ihrem Lieblingsp­latz beim Kachelofen.

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