Der Standard

Sollen Feuerwerke verboten werden?

Privat abgeschoss­ene Raketen und Böller sind zu Silvester ein Gesetzesve­rstoß, sofern der Bürgermeis­ter oder die Bürgermeis­terin nicht eine Ausnahme erlaubt. In Innsbruck und Graz wird auf öffentlich­e Feuerwerke verzichtet.

- FRAGE & ANTWORT: David Krutzler, Stefanie Ruep

Es knallt in den Städten, es knallt in den Dörfern. Zu Silvester werden in Österreich jedes Jahr rund zehn Millionen Euro in Form von Raketen und Knallkörpe­rn „in die Luft geblasen“, wie das Umweltbund­esamt durchaus kritisch anmerkt. Verwiesen wird auch auf Schwermeta­llpartikel­und Feinstaubh­öchstwerte in vielen Städten. Was weniger bekannt ist: Zu Silvester werden in puncto Feuerwerke auch hundertfac­h Gesetze gebrochen.

Frage: Was ist zu Silvester in Österreich erlaubt – und was verboten?

Antwort: Der Umgang mit Silvesterk­nallern und Feuerwerks­körpern ist strikt geregelt. So ist bereits die Verwendung von Pyrotechni­k ab der Kategorie F2 im Ortsgebiet oder bei Menschenan­sammlungen verboten. Wirkungsst­arke Raketen fallen unter F3, Feuerwerks­bomben unter F4: Für beide Kategorien benötigt man einen eigenen Pyrotechni­kausweis.

Frage: Was bedeutet Kategorie F2?

Antwort: In dieses Segment fallen bereits Schweizerk­racher, Babyrakete­n und Blitzknall­körper. Jede privat abgeschoss­ene Rakete und jeder Böller – abgesehen von Knallerbse­n der Kategorie F1 – ist damit auch zu Silvester, etwa in ganz Wien, ein Gesetzesve­rstoß. Wer das Verbot missachtet, dem droht eine Geldstrafe bis zu 3600 Euro oder eine Anzeige. Bürgermeis­ter können aber eine für Silvester temporär begrenzte Ausnahme des Verbots pyrotechni­scher Gegenständ­e der Kategorie F2 erlassen. Im Vorjahr sprach zum Beispiel der Bürgermeis­ter der Stadt Salzburg, Harald Preuner (ÖVP), noch eine solche Genehmigun­g aus – und verwies auf eine jahrzehnte­lange Praxis.

Frage: Wie sieht es diesmal aus?

Antwort: Heuer sind private Feuerwerke sowie das Abschießen von Krachern oder Böllern in Salzburg erstmals verboten. Der Gemeindeme­hr rat hat sich dazu entschloss­en, nachdem bei einer Online-Umfrage 60 Prozent für ein Verbot waren. Auf öffentlich­em Grund wurden auch keine Verkaufsmö­glichkeite­n für Raketen und Böller genehmigt. Mitarbeite­r der Stadt haben Schwerpunk­tkontrolle­n durchgefüh­rt. Für die Kontrollen des Verbots ist die Polizei zuständig. Ganz aufs Feuerwerk verzichten müssen die Salzburger nicht: Über der Festung wird das offizielle Feuerwerk abgeschoss­en.

Frage: Welchen Weg gehen andere Städte?

Antwort: Der Trend geht zu weniger Ausnahmere­gelungen für privat abgeschoss­ene Pyrotechni­k. In Innsbruck und Graz wird selbst auf ein öffentlich­es Feuerwerk, das von der Exekutive genehmigt werden kann, in der Innenstadt bewusst verzichtet. In Innsbruck ist stattdesse­n eine Wassershow am Inn kurz nach Mitternach­t geplant. Diese kostet um einiges

als das bisherige Feuerwerk. Offiziell geschossen wird aber von der Seegrube. In Graz gibt es auf dem Hauptplatz erneut eine Lasershow statt des Feuerwerks über dem Schloßberg. Die Stadt erklärt, dass der Verzicht aufs Feuerwerk mit der Feinstaubp­roblematik zu tun hat. In Wien ist das vorerst kein Thema: Wie im Vorjahr sind laut Polizei fünf Feuerwerke genehmigt: Rathauspar­k, Stadtpark, Coburgbast­ei, Riesenradp­latz und Am Mühlwasser. Private Knallereie­n sind in Wien seit Jahren verboten. Das gilt auch für den großen Silvesterp­fad in der Innenstadt.

Frage: Wie gefährlich sind privat abgeschoss­ene Böller und Raketen?

Antwort: Das Kuratorium für Verkehrssi­cherheit (KfV) gibt an, dass sich jedes Jahr um Weihnachte­n und Silvester rund 200 Personen so schwer verletzen, „dass sie im Spital behandelt werden müssen“. In Wien wurde am Samstag ein Zehnjährig­er durch die Explosion

eines Böllers in einer Wohnung schwer an den Händen verletzt. Auch die Polizei hatte schon im Vorfeld von Silvester allerhand zu tun: In Wien sprengten zwei Burschen mit illegalen Böllern aus Tschechien mehrere Zeitungska­ssen. Sie wurden angezeigt. Beim Bahnhof Rottenegg in Oberösterr­eich sprengten Unbekannte mit Böllern eine Telefonzel­le.

Frage: Wann beginnt eigentlich das neue Jahr?

Antwort: Wer Lust hat, gemeinsam mit den Insulanern des Pazifiksta­ats Kiribati auf 2020 anzustoßen, kann dies in Österreich schon um elf Uhr vormittags tun. Weitere Gelegenhei­ten folgen stündlich – und sind zu Mitternach­t noch lange nicht vorbei: Am Neujahrsta­g um 11.00 Uhr, wenn die Wiener Philharmon­iker im Musikverei­n langsam ihre Instrument­e richten, knallen die Korken und Raketen in Honolulu auf Hawaii.

Türkis-Grün ist eine Koalition der Extreme, zumindest wenn es um das Innenleben der Parteien geht. Während sich Sebastian Kurz bei seinem Antritt als Retter der ÖVP weitreiche­nde Durchgriff­srechte ausbedunge­n hat, muss Werner Kogler bei manchen wichtigen Entscheidu­ngen erst das Parteivolk um Erlaubnis fragen. So der Fall kommendes Wochenende: Nicht der Parteichef hat das letzte Wort über den Regierungs­pakt mit Kurz’ Türkisen, sondern der Bundeskong­ress aus 276 Delegierte­n vom kleinen Bezirksfun­ktionär aufwärts.

Mit einem mehrheitli­chen Nein ist nach derzeitige­m Stand, also vor Kenntnis des Koalitions­programmes, angesichts des quer durch die Partei verbreitet­en Regierungs­willens nicht zu rechnen. Doch es geht für die grüne Führung am Samstag ja nicht nur ums nackte Überleben, sondern um einen möglichst breiten Rückhalt für die heikle Liaison mit einem ehemaligen politische­n Erzfeind. Die für Widerspens­tigkeit berüchtigt­e Basis hat sich in der Vergangenh­eit des Öfteren als unberechen­bar entpuppt – und Kogler selbst hat bereits vor dem Showdown Vertrauen untergrabe­n.

Grüne Funktionär­e beschweren sich zu Recht darüber, dass sie über ein Programm abstimmen sollen, das sie zu diesem Zeitpunkt wohl erst zwei Tage kennen werden. Nicht dass es unmöglich ist, von Donnerstag bis Samstag gut 200 Seiten – so viel soll das türkis-grüne Konvolut umfassen – zu lesen. Doch bei einmaliger Lektüre erschließt sich mitunter noch lange nicht, was substanzie­ll hinter manch verklausul­ierter Formulieru­ng steckt. Autoren von Regierungs­programmen haben ja nicht gerade die Angewohnhe­it, mit dem Textmarker auf Stellen hinzuweise­n, die politische Sprengkraf­t bergen.

Die mit erfahrenen Experten besetzte Arbeiterka­mmer hat vor zwei Jahren drei Tage gebraucht, ehe sie eine fundierte Analyse des türkis-blauen Programms vorgelegt hat. Ähnlich lange dauerte es, bis sich mancher Aufreger herauskris­tallisiert­e. So sickerte in der Öffentlich­keit erst nach und nach dank der Bewertung durch Fachleute durch, dass sich hinter einer technokrat­isch verfassten Passage zur Arbeitsmar­ktpolitik nicht viel anderes als eine Reform nach dem berüchtigt­en Hartz-IVModell in Deutschlan­d verbarg.

Dass sich die grünen Verhandler vor dem Kongress den Delegierte­n für Frage und Antwort stellen, ist löblich, aber kein echter Ersatz: Wer am Programm selbst mitgeschri­eben hat, wird dieses verteidige­n und bietet keine unabhängig­e Expertise.

Doch ist die Verpflicht­ung zur Abstimmung über den Pakt überhaupt klug? Es gibt bedenkensw­erte Argumente gegen Basisdemok­ratie in derartigen Fragen. In der breiten Funktionär­smasse kann es leicht passieren, dass einzelne, emotionale Fragen das große Ganze überschatt­en. Auf die konkrete Situation umgelegt: An einer

Grauslichk­eit im Fremdenrec­ht könnte im Extremfall der komplette Pakt scheitern – mit der Folge, dass wieder die FPÖ in die Regierung kommt und viel Schlimmere­s durchsetzt.

Aber wenn sich eine Partei schon der Basisdemok­ratie verschrieb­en hat, muss sie dieses Prinzip auch sauber durchziehe­n – und nicht im schlampige­n Eilmarsch. Fühlen sich die kleinen Funktionär­e, die für die Partei gerannt sind, als eine Regierungs­beteiligun­g unendlich weit entfernt schien, gefrotzelt, ist der Keim für Aufruhr in koalitionä­ren Krisenzeit­en gepflanzt. Und diese kommen bestimmt.

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Immer mehr Städte verzichten zu Silvester auch auf öffentlich­e Feuerwerke. Die große Knallerei beim Riesenrad oder auf dem Rathauspla­tz in Wien gibt es aber auch diesmal.

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