Plädoyer für Heimkehr von IS-Anhängerinnen mit ihren Kindern
Österreicherinnen sitzen mit Kindern in Lagern fest – Psychologen rufen Außenminister zum Handeln auf
Wien – Zumindest drei Kinder österreichischer IS-Anhängerinnen sitzen mit ihren Müttern in kurdischen Lagern in Syrien fest. Die Behörden halten sich darüber bedeckt, ob sie nach Hause geholt werden. Psychologen, Therapeuten und Sozialarbeiter fordern das Außenministerium per Brief zum Handeln auf: Man solle „alles Mögliche unternehmen, damit die Mütter und ihre Kinder möglichst rasch in ihre Herkunftsfamilien“kommen. Man könne davon ausgehen, dass Kinder, die Krieg und Vertreibung erleben, unter multipler Traumatisierung leiden, sagt Initiatorin und Psychologin Karin Lebersorger. Je früher eine Behandlung beginne, umso besser könne Erlebtes verarbeitet werden. (red)
Vor wenigen Jahren trafen sie die Entscheidung, sich dem sogenannten „Islamischen Staat“anzuschließen. Heute sitzen die 23-jährige Salzburgerin Maria G. und eine 20-jährige Wienerin mit ihren Kindern in einem kurdischen Lager in Syrien fest.
Über ihre Rückkehr wird seit Monaten debattiert. Die Zustände im Lager al-Hol, in dem sich etwa Maria G. mit ihren beiden Kindern befindet, ist prekär. Die Kurden werden von den Herkunftsländern der Gefangenen weitgehend alleingelassen, das Lager ist hoffnungslos überfüllt.
Das Außenministerium bestätigte am Montag einen Bericht des STANDARD, dass ein DNA-Test die Elternschaft Maria G.s zu ihren beiden Kindern beweist. Ein solcher wurde zuvor vom Ministerium eingefordert. Wann oder ob es zu einer Rückholung kommen wird, darüber hält sich das Außenministerium mit Verweis auf die Sicherheitslage aber bedeckt.
Von Expertenseite wird indes versucht, Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Per Brief an Außenminister Alexander Schallenberg appellierten zahlreiche namhafte Psychotherapeuten, Psychologen und Sozialarbeiter für die rasche Rückholung der sich in den syrischen Lagern befindlichen Kleinkinder und ihrer Mütter.
Multiple Traumatisierung
Sie fordern den Außenminister auf, „alles nur Mögliche zu unternehmen, damit die jungen Mütter und ihre Kinder, deren Wohl höchst gefährdet ist, möglichst rasch in ihre Herkunftsfamilien“kommen. Darüber hinaus solle der Außenminister sich im Rahmen seiner Möglichkeiten „dafür verwenden, dass diese Frauen einer Gerichtsbarkeit unterzogen werden, welche die Bedeutung von Handlungen und Entscheidungen in der Adoleszenz gemäß Jugendstrafrecht berücksichtigt“.
Unterzeichnet wurde der Appell unter anderem von Peter Zumer, dem Präsidenten des Österreichischen Vereins für Individualpsychologie, Leonhard ThunHohenstein, dem Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, und Josef Bakic, dem Studiengangsleiter Soziale Arbeit der Fachhochschule Campus Wien.
„Man kann davon ausgehen, dass die Kinder, die Krieg und Vertreibung erleben, unter multipler Traumatisierung leiden“, sagt Initiatorin und Psychologin Karin Lebersorger zum STANDARD. Das gelte nicht nur für die österreichischen, sondern für alle Kinder, die in einem derartigen Lager aufwachsen müssen. Mit Entwicklungsverzögerungen müsse man bei Mangelversorgung und wenigen Möglichkeiten, altersgemäße Erfahrungen zu sammeln, rechnen. „Kinder können unter solchen Bedingungen nur schwer ein Vertrauen in die Welt entwickeln, das für die späteren Entwicklungsaufgaben grundlegend ist“, sagt Lebersorger. Es sei keinesfalls so, dass man von „verlorenen Kindern“sprechen könne. Aber: „Umso früher eine Behandlung beginnt, umso besser kann Erlebtes verarbeitet werden.“
Frage nach Strategie
Fragen an den Außenminister gibt es auch von politischer Seite. So wollen die Grünen etwa Details zu den Rückholplänen wissen und fragen per parlamentarischer Anfrage nach dem Vorliegen einer Strategie, die verhindern solle, dass sich die österreichischen Insassen weiterhin radikalisieren und bei einer unkoordinierten Rückkehr eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.
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