Zwei neue Frauen zur Verstärkung des Team Kurz
Mit Klaudia Tanner und Susanne Raab holt sich der künftige Kanzler Sebastian Kurz zwei Frauen mit starkem Machtbewusstsein und entsprechender Bereitschaft, nötigenfalls auch zu widersprechen, in sein Team.
Widerspruch ist sie gewohnt, Widerstände zu überwinden auch: Schon in ihrer ersten politischen Funktion, als Rechts- und Sozialreferentin des niederösterreichischen Bauernbundes in den Jahren 1996 bis 2001, musste sie viel hinaus in Bauernversammlungen, in denen Bauern ihrem Ärger über „die da oben“Luft gemacht haben. Es ist ja aus Sicht der Vertretenen immer zu wenig, was die Funktionärinnen und Funktionäre ausverhandelt haben – Bauern und Offiziere unterscheidet da wenig voneinander.
Beim damaligen Bauernbunddirektor Hans Penz hat Klaudia Tanner gelernt, mit solcher Kritik der Basis umzugehen und sie als Anregung, wenn nicht gar Auftrag für die weitere politische Arbeit aufzunehmen. Bei Penz konnte man auch lernen, wie man Macht aufbaut, ausbaut und sanft, aber bestimmt einsetzt. Das ist zur Spezialität der damals 26-jährigen Juristin geworden – und sie hat diese Kenntnisse anschließend im Kabinett von Innenminister Ernst Strasser, dem sie 2001 bis 2003 mit Zuständigkeit für die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit angehört hat, verfeinert. Nach acht Jahren in der Privatwirtschaft (bei Kapsch war sie für „Beziehungsmanagement zu Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft“verantwortlich) kehrte Tanner hauptberuflich in die Politik zurück.
Als erste Frau wurde Tanner Direktorin des nö. Bauernbunds – und machte sofort das, was sie von Vorgänger Penz gelernt hatte: Kontakt mit der
Basis halten. Das verlangt im Bauernbund aber nicht nur die eingangs erwähnte Zähigkeit – vor allem ist Detailwissen in teilweise hochkomplexen Fragen der Förderpolitik gefragt.
In allein heuer 64 Bezirksbauernratskonferenzen konnte Tanner vor mehr als 15.000 Funktionären bestehen – und diese Funktionäre so dirigieren, dass die ÖVP flächendeckend hohe Zuwächse verbuchen konnte. Denn die Bauernbund-Funktionäre sind verlässlich: Wenn sie sich verstanden fühlen, dann engagieren sie sich mit vollem Einsatz im Wahlkampf – was den Bauernbund zur am besten, wenn nicht der einzigen kampagnefähigen Organisation in Österreich macht.
Auch in ihrer Heimatgemeinde Gresten hat Tanner einen beachtlichen Zuwachs von acht Prozentpunkten für die ÖVP holen können – in dieser Gemeinde saß sie längere Zeit im Gemeinderat. Ihr Ehemann Martin, geannt „Max“, ist dort stellvertretender Parteiobmann. Tochter Maxima ist noch nicht wahlberechtigt.
Das Ehepaar Tanner gilt als sehr gesellig, die als künftige Verteidigungsministerin gesetzte Klaudia organisiert unter anderem den Bauernbundball (eine der größten Ballveranstaltungen Wiens im Austria Center) und die Nacht der Landwirtschaft auf der Wiener Wiesn – dem Magazin Niederösterreicherin zeigte sie im Vorjahr, dass sie nicht nur in Tracht, sondern auch im Abendkleid gute Figur macht. Den Offiziersball am 17. Jänner wird sie wohl besuchen.
Bei ihrem Ministeramtsantritt wird Susanne Raab zwar nicht ganz so jung sein wie ihr Chef, als er mit 27 Außenminister wurde. Doch mit 35 Jahren wird sie künftig wohl eine der jüngsten auf der Regierungsbank sein. Ihr Name ist der erste bestätigte im großen Ministerratespiel und einer, der zwar nicht besonders bekannt ist, aber dennoch zeigt, wohin die Richtung gehen soll. Im neu geschaffenen Integrationsministerium soll sie „die konsequente Linie im Kampf gegen Parallelgesellschaften und den politischen Islam fortsetzen“, heißt es von der ÖVP, außerdem soll sie „die Herausforderungen in der Migrationsfrage“lösen.
Schon als Leiterin der Sektion Integration im Außenministerium – den Posten trat sie 2017 als jüngste Sektionschefin Österreichs an – vertrat sie eine stringente Linie. Deutschkurse, Wertekurse und Integrationsberatungen brauche es, sagte sie kürzlich, und zwar verbindlich: Wer die Teilnahme verweigert, müsse mit Sanktionen rechnen. Ansetzen will die künftige Ministerin, wie sie wiederholt sagte, bei migrantischen Frauen. Diese seien „Integrationsmotoren“und würden, zumal sie für die Bildung der Kinder verantwortlich seien, auch die Integration der Kinder mittragen.
Unter Raabs Feder entstand das Burkaverbot genauso wie das Islamgesetz und die Initiative „Integration durch Leistung“. Seit 2011 ist sie operativ im Außenministerium in Bereichen der Integration tätig, davor war sie Asylreferentin im Innenministerium.
Raabs Wurzeln liegen in Oberösterreich, aufgewachsen ist sie – damals noch mit dem Nachnamen Knasmüller – im Reiterdorf Ampflwang. Glaubt man dem oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), so ist sie der Heimat immer noch verbunden. Geboren ist Raab im nahen Vöcklabruck, später war sie dort Schulsprecherin. Verbunden ist sie auch der ÖVP seit langem: Schon in der ÖVP-nahen Schülervertretung war sie Obfrau, ebenso machte sie sich als Wahlhelferin verdient.
Zum Studium aber verließ sie doch das geliebte Bundesland: In Innsbruck absolvierte sie ein Jus- und ein Psychologiestudium, vor und während der Ministeriumslaufbahn arbeitete sie an verschiedenen Unis. In ihren frühen Zwanzigern war Raab außerdem ein halbes Jahr lang in Brasilien, wo sie ein Projekt unterstützte, das Mädchen von der Straßenprostitution ins Frauenhaus holt. Ein Rechtsanwaltspraktikum absolvierte sie in Bukarest, aktuell lebt sie im Niederösterreich nahe der Gemeinde Himberg.
Zu Raabs Privatleben ist bekannt, dass ihre Eltern beide nicht studiert hatten – die Mutter ist gelernte Krankenschwester, der Vater war in der Immobilienbranche –, den Kindern aber „alles ermöglichen wollten“, wie Raab im Interview mit der Niederösterreicherin sagt. Zum Leben in Niederösterreich sagte sie einst: „Ich liebe es, abends zum Heurigen zu gehen, die Landschaft und die Tatsache, dass ich dort nicht die Sektionschefin, sondern einfach die Susi bin.“