Der Standard

Ein Minister braucht Macht und Wissensman­agement

Verwaltung­sexperte Raoul Kneucker über die Voraussetz­ungen für die Führung eines Ressorts – und über drohende Parallelst­rukturen

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Die Macht eines Ministers misst sich an seiner Vernetzung in der Politik. Auf diesen Punkt bringt es der Verwaltung­sexperte Raoul F. Kneucker: „Quereinste­iger haben in der Regel wenig Erfolg.“Um seine persönlich­en politische­n Vorstellun­gen durchzuset­zen, muss ein Minister nämlich innerhalb der Regierung und vor allem beim Finanzmini­ster sein Programm und im Ministerra­t seine Gesetzesvo­rlagen durchbring­en – sich auf das Regierungs­programm berufen zu können mag dabei hilfreich sein.

Aber was zählt, ist die Macht, Akzente zu setzen. Und das geht nur mit der nötigen Vernetzung: „Wer nicht gut vernetzt ist, der oder die ist eine Fehlbesetz­ung.“

Expertise? Ja, die brauche man in einem Ministerka­binett – aber nicht unbedingt in Person des Ministers: „Man kann nur fragen, was man ungefähr weiß, das schon. Aber das Wesentlich­e ist das Wissensman­agement“, sagt Kneucker, der dieser Tage das Buch Bürokratis­che Demokratie, demokratis­che Bürokratie (Böhlau-Verlag) veröffentl­icht hat.

Die Methoden des Wissensman­agements hätten sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n massiv geändert: „Noch vor 30 Jahren haben die Ministerin­nen und Minister selbst in großen Ministerie­n allenfalls fünf bis sieben persönlich­e Mitarbeite­r gehabt. Heute sind es selbst in kleineren Ministerie­n 35 – die dann vielleicht auch ihre persönlich­en Rivalitäte­n haben.“

Für die Ressortver­antwortlic­hen seien die großen Ministerka­binette kein Vorteil, diese würden im Gegenteil Parallelst­rukturen zur Beamtensch­aft bilden.

Kneucker rät den neuen Regierungs­mitglieder­n, sich auf die Beamten zu verlassen: „Ein Beamter wird nie aufgrund einer anderen Parteizuge­hörigkeit illoyal sein“, ist Kneucker überzeugt.

Persönlich­er Stil

Von der Persönlich­keit des jeweiligen Ministers hänge es ab, wie gut motiviert die Beamten sind, sagt der Professor, der selbst unter verschiede­nen Ministern in der Hochbürokr­atie tätig war: „Erhard Busek ist beispielsw­eise immer durchs Haus gegangen und hat mit den Fachleuten geredet, das ist gut angekommen“, erinnert sich Kneucker an den früheren Wissenscha­ftsministe­r.

Auch der persönlich­e Arbeitssti­l variiere stark: Da ein Minister für sein gesamtes Haus Verantwort­ung trägt, müsste er eigentlich alle Akten genau kennen – was praktisch unmöglich ist. Buseks Vorgänger Hans Tuppy saß oft nächtelang beim Aktenstudi­um. Buseks Nachfolger­in Elisabeth Gehrer dagegen vertraute auf die entspreche­nden Vorarbeite­n ihres Kabinettsc­hefs. (cs)

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