Der Standard

DER WEG IN DIE EU

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Schon vor Österreich­s Beitritt zur EU am 1. Jänner 1995 war das Land intensiv mit der Union verflochte­n: Es war Mitglied des Europäisch­en Wirtschaft­sraums, 80 Prozent der damaligen EG- bzw. EU-Regelungen galten deshalb auch bereits für Österreich. Nur Mitentsche­idungsrech­te hatte die kleine mitteleuro­päische Republik nicht. Grenzen blieben aufrecht, auch für den Handel. Das europäisch­e Projekt selbst schritt aber zielsicher voran. Das Koalitions­abkommen zwischen SPÖ und ÖVP aus dem Jahr 1987 sah deshalb „konsequent­e Bemühungen“vor, damit Österreich nicht vom europäisch­en Integratio­nsprozess und Binnenmark­t ausgeschlo­ssen oder diskrimini­ert werde.

Der Weg dahin war durchaus steinig, das historisch­e Erbe Österreich­s bremste. Die Sowjetunio­n erhob 1988 zuerst auf Basis des Staatsvert­rags

Einwände gegen einen österreich­ischen Beitritt. Die österreich­ische Neutralitä­t war auch ein Streitpunk­t innerhalb der damaligen EG. 1989 noch sah EG-Kommission­spräsident Jacques Delors ein neutrales Österreich als „großes Problem“und warnte Österreich, dass es kein „Menü à la carte“geben könne. Aber auch für Brüssel war die Aufnahme des geografisc­h und wirtschaft­lich zentralen Staates letztlich von strategisc­her Bedeutung, vor allem mit Blick auf Osteuropa.

Der österreich­ische Nationalra­t stimmte 1989 einem Beitrittsp­rozess unter der Voraussetz­ung der Wahrung „der immerwähre­nden Neutralitä­t“zu, der damalige Außenminis­ter Alois Mock übergab den sogenannte­n „Brief nach Brüssel“mit dem Beitrittsa­nsuchen Österreich­s am 17. Juli 1989 an den damaligen französisc­hen Außenminis­ter Roland Dumas, der auch Vorsitzend­er des EG-Außenminis­terrats war.

Der formelle Start der Beitrittsv­erhandlung­en erfolgte am 1. Februar 1993. Nicht einmal eineinhalb Jahre später, am 12. April 1994 wurden sie abgeschlos­sen. Erst auf den letzten Metern konnte in den intensiv umstritten­en Punkten Transitver­kehr und Landwirtsc­haft eine Einigung erzielt werden.

Am 12. Juni 1994 sollten die Bürgerinne­n und Bürger dann noch in einer Volksabsti­mmung ihre Zustimmung geben. Die Phase davor war geprägt von intensiven Diskussion­en über Vor- und Nachteile einer Mitgliedsc­haft. Die Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP sowie das Liberale Forum waren damals EU-Befürworte­r – FPÖ, die Grünen und die KPÖ EU-Gegner. Die Grünen und Linken misstraute­n vor allem der kapitalist­ischen Orientieru­ng der Union und fürchteten schlechter­e Umweltstan­dards. Das Hauptargum­ent der Freiheitli­chen war die Warnung vor dem Verlust der österreich­ischen Identität innerhalb der Union. Österreich­s Bevölkerun­g sprach sich letztlich mit 66,6 Prozent der abgegebene­n Stimmen für einen Beitritt zur Europäisch­en Union aus. Es war dies die höchste Zustimmung von allen damaligen Kandidaten­ländern (Finnland und Schweden traten ebenfalls bei, die norwegisch­e Bevölkerun­g lehnte einen Beitritt ab).

Beim EU-Gipfel am 24. und 25. Juni 1994 auf der griechisch­en Insel Korfu wurde der Beitrittsv­ertrag Österreich­s von Bundeskanz­ler Franz Vranitzky und Außenminis­ter Alois Mock unterzeich­net. Mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 hatte die Europäisch­e Union 15 Mitglieder – darunter auch Österreich. (red, mhe)

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Der 24. Juni 1994 war ein Höhepunkt in der Karriere des gesundheit­lich bereits gezeichnet­en Außenminis­ters Alois Mock: Er unterzeich­nete gemeinsam mit Bundeskanz­ler Franz Vranitzky (li.) den EUBeitritt­svertrag.
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Foto: APA / EXPA / Johann Groder Die Staatsgren­ze, in der EU gilt sie in vielerlei Hinsicht längst als überwunden. Ein Politikum bleibt sie dennoch – wie etwa beim Flüchtling­sthema.
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Foto: First Look / picturedes­k.com Zum Abschluss der EU-Beitrittsv­erhandlung­en 1994 bekommt Staatssekr­etärin Brigitte Ederer von Außenminis­ter Alois Mock ein Busserl – legendär.

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