Der Standard

Milanović gewann als kroatische­r Kandidat der Mitte

Der neue Staatspräs­ident will die kroatische­n Soldaten vom Nato-Einsatz in Afghanista­n abziehen

- Adelheid Wölfl

Zagreb – „Zoki, Zoki, Zoki“, skandierte­n seine Anhänger am Sonntagabe­nd auf dem Hauptplatz in Zagreb, bis der frischgewä­hlte Präsident eine Siegesrede hielt. Der 53-jährige Zoran Milanović war mit 52,70 Prozent aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der amtierende­n Präsidenti­n Kolinda Grabar-Kitarović als Sieger hervorgega­ngen. In der Parteizent­rale der Sozialdemo­kraten wurde bis in die Morgenstun­den gefeiert.

Tags darauf gab Milanović sich gleich von seiner integrativ­en Seite und gratuliert­e den kroatische­n Staatsbürg­ern, die nach „dem julianisch­en Kalender“Weihnachte­n feiern, also den Orthodoxen. „Lassen Sie die Weihnachts­botschaft von Frieden und Liebe im kommenden Jahr Ihr Zuhause füllen“, schrieb er auf Facebook.

Dabei ist Milanović gar nicht für verbindlic­he Worte bekannt. Als er noch Premiermin­ister war (2011–2015), gratuliert­e er der damaligen Wahlsieger­in GrabarKita­rović nicht einmal zu ihrem Wahlsieg. Trotzdem hat er es in den vergangene­n Wochen geschafft, sich als „Kandidat der Mitte“zu positionie­ren. Er vermied linke Positionen und sprach auch jene an, die aus nationalen Motiven heraus mehr Souveränit­ät für Kroatien fordern.

So kündigte er etwa an, die kroatische­n Soldaten vom Nato-Einsatz in Afghanista­n abzuziehen. Insgesamt war es ihm in der Kampagne ganz gut gelungen, seine Bekannthei­t zu nützen und trotzdem für einen Wechsel in der Politik einzutrete­n.

Der Politologe Dejan Jović kommentier­t, dass mit der Wahl von Milanović die politische Mitte in Kroatien gestärkt worden sei. „Die Leute wollen Veränderun­g, aber keine radikale“, so Jović zum STANDARD. „Sie haben gesehen, dass die Polarisier­ung in den Jahren seit dem EU-Beitritt zu Instabilit­ät geführt hat.“Außerdem hätten viele den Wunsch gehabt, dass der Präsident aus einem anderen politische­n Lager kommen soll als die Regierung.

In der Regierungs­partei HDZ ist man ob der

Wahlnieder­lage hingegen einigermaß­en schockiert. Jene Kritiker von Premier Andrej Plenković, die einen rechteren Kurs einfordern, schoben die Schuld an der Schlappe sofort der Parteiführ­ung zu. Andere hingegen verwiesen auf die Fehler, die Grabar-Kitarović im Wahlkampf gemacht hatte.

Partisanen­familie

Milanović kommt aus einer Partisanen­familie. Seine Großmutter ließ ihn – ohne das Wissen seiner Eltern – taufen. Er interessie­rte sich schon früh für Politik, war temperamen­tvoll und durchaus streitlust­ig, spielte gerne Fußball und boxte zuweilen. Der Jurist ist seit 25 Jahren mit Sanja Musić verheirate­t und hat zwei Söhne. Er wird sein Amt im Februar antreten.

Kommentar auf derStandar­d.at

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Foto: Reuters Sozialdemo­kratischer ExPremier Zoran Milanović.

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