Der Standard

Das flämische Theaterkol­lektiv Tg Stan spielt das erste Mal seit unendliche­n siebzehn Jahren wieder in Wien.

Nach siebzehn Jahren der Absenz tritt das flämische Theaterkol­lektiv Tg Stan wieder in Wien auf. Le Studio zeigt „Que sera sera / Hitchcock Truffaut Cavett Godard / Pour qui pour quoi“.

- Margarete Affenzelle­r

Gut Ding braucht Weile. Und so kommt es, dass das flämische Theaterkol­lektiv Tg Stan das erste Mal seit unendliche­n siebzehn Jahren wieder in Wien spielt. Kaum zu glauben, da doch die belgische Tanz- und Performanc­eszene in Österreich gut eingeführt ist. Es ist inzwischen viel passiert. Tg Stan gingen in die Ferne, nach Tokio, Rio de Janeiro und Québec. Es ist zu einer gepflegten Praxis der Gruppe geworden, manche Produktion­en in der Sprache des Gastlandes zu erarbeiten. Das macht Arbeit!

Aber wer sind Tg Stan überhaupt? Der Name gibt es nicht preis. Doch einmal entschlüss­elt, erweist er sich als durchaus sinnfällig. Die Buchstaben „Tg“stehen für das vielsilbig­e flämische Wort Toneelspel­ersgezelsc­hap, was so viel wie Theaterkom­panie bedeutet. Und im Akronym „Stan“liegt das Bekenntnis zu antiperson­alisierter Kunst: Stop Thinking

About Names.

Vier Schauspiel­absolvente­n wollten sich 1989 nicht in den institutio­nalisierte­n Theaterbet­rieb einschleus­en und gründeten in Antwerpen Tg Stan mit dem Ziel, eine eigene Bühnenspra­che mit klarem Fokus auf die Schauspiel­er zu entwickeln.

Vergrößeru­ng der Illusion

Tatsächlic­h ging es den Gründungsm­itgliedern Jolente De Keersmaeke­r, Damiaan De Schrijver, Waas Gramser und Frank Vercruysse­n um Theater, das ohne Regisseur oder Regisseuri­n auskommt und das das Schauspiel in den Mittelpunk­t rückt. Es geht dabei um die lustvolle Vergrößeru­ng der Illusion, die Übertreibu­ng im Spiel, die Suche nach dem exzessiven Punkt und die persönlich­e Auseinande­rsetzung jedes Einzelnen mit dem Stoff.

Zur Eigenwilli­gkeit der Truppe gehört auch, sich Widersprüc­hen gezielt auszuliefe­rn. Zum Beispiel innerhalb eines Dramentext­es; da gibt es keinen Kompromiss zu „runden Sachen“. Das Repertoire hat eine sozialkrit­ische Stoßrichtu­ng, vielleicht ist das aber schon zu viel gesagt.

Denn bei genauerer Betrachtun­g zieht die Stückauswa­hl querfeldei­n weite Kreise, von Anton Tschechow bis Yasmina Reza, von Goethe zu Shakespear­e und Tiago Rodrigues, Heiner Müller, Gombrowicz, Gorki oder Oscar Wilde. Auch Ingmar Bergman ist dabei. Eine im Verlauf von zwanzig Jahren realisiert­e Trilogie (1993–2013) ist Thomas Bernhard gewidmet.

Mit dem sehr lustigen Gipfeltref­fen der Großregiss­eure François Truffaut und Alfred Hitchcock – Titel ist Que sera sera / Hitchcock Truffaut Cavett Godard /

Pour qui pour quoi – gastiert Tg Stan nun zweimal in Le Studio (aka Studio Molière) in Wien.

Das Stück speist sich aus einschlägi­gen Quellen, vor allem dem Interviewm­aterial, das aus insgesamt über sechzig Stunden dauernden Gesprächen Truffauts mit Hitchcock in den 1960er-Jahren hervorgega­ngen ist.

Obacht, Kekse!

Das daraus entstanden­e Buch Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? gilt vielen als Bibel der Filmkunst. Auch der Dokumentar­film Hitchcock/Truffaut von 2015 handelt von diesem Buch. Man kann Tg Stan als das belgische Pendant zu Forced Entertainm­ent betrachten. Das Publikum ist also herausgefo­rdert. Merke: Es werden Kekspackun­gen fliegen.

 ??  ??
 ?? Foto: Tim Wouters ?? Tg Stan zeigen in ihrem Stück ein Gipfeltref­fen berühmter Filmregiss­eure.
Foto: Tim Wouters Tg Stan zeigen in ihrem Stück ein Gipfeltref­fen berühmter Filmregiss­eure.

Newspapers in German

Newspapers from Austria