Der Standard

Großes Herz für große Sprünge

Der Skisprungk­lub Wiener Stadtadler müht sich seit bald 15 Jahren um Talentförd­erung. Die durch Enthusiasm­us erzielten Erfolge sind angesichts der infrastruk­turellen Nöte höchst bemerkensw­ert.

- Sigi Lützow

Der Weg zum Sieg ist kein Katzenspru­ng – schon gar nicht im Skispringe­n, obwohl nicht selten gerade sehr junge Athleten auf den Schanzen im Weltcup triumphier­en. Ein Beispiel wäre der Norweger Marius Lindvik (21) mit seinen Erfolgen bei der gestern (nach Blattschlu­ss) auf der Paul-Außerleitn­er-Schanze in Bischofsho­fen finalisier­ten 68. Vierschanz­entournee.

Louis Obersteine­r, davon ist auszugehen, liegen Vorbilder wie Stefan Kraft oder Gregor Schlierenz­auer näher. Der Salzburger siegte im Alter von Lindvik erstmals im Weltcup, der Tiroler Weltrekord­weltcupsie­ger gar mit zarten 16. Auch Obersteine­r ist ein Sieger, erst am vergangene­n Wochenende feierte der 15-Jährige weitab von der Tournee in Villach einen doppelten Klassensie­g (Jugend I) beim Austria Cup. Das ist umso bemerkensw­erter, als Obersteine­r nicht nahe der springeris­chen Hotspots in Österreich daheim ist, sondern weitab von allen Schanzen in Wien-Donaustadt und er also ein Stolz der Wiener Stadtadler ist.

2005 wurde der Klub gegründet, Olympiasie­ger Anton Innauer, damals im Skiverband für den Sprunglauf zuständig, wollte das in Niederöste­rreich, Wien und Burgenland mutmaßlich vorhandene Reservoir an Talent ausgelotet sehen. Der Kärntner Christian Moser, 1994 mit dem Springerte­am Olympiadri­tter, schuf die Struktur mit, die auch heute noch, ohne Moser in leitender Funktion, fröhliche Urständ feiert.

Jahr für Jahr lädt der SWS Kinder auf die Hohe-Wand-Wiese in Wien-Hietzing, um Talente zu finden. In diesem Jahr können an den Wochenende­n 18./19. und 25./26.1. Kinder zwischen fünf und neun Jahren unter kundiger Anleitung auf provisoris­chen Schneematt­enschanzen das Skispringe­n ausprobier­en. Rund 80 Kinder, sagt Florian Danner, würden der Einladung Jahr für Jahr folgen. Vier bis sechs gäben zu schönen Hoffnungen Anlass, zwei bis vier würden dem Verein dann für einige Zeit erhalten bleiben. Der Oberösterr­eicher Danner ist ein engagierte­r Skispringe­rvater und im Hauptberuf Radio- und Fernsehmod­erabildlic­h.

tor, weshalb ihm logischerw­eise die Rolle des Sprachrohr­s im Vorstand der Stadtadler zugefallen ist. Danners Sohn Theo, bald acht Jahre alt, gewann im vergangene­n Jahr in Reit im Winkl in seiner Altersklas­se die Kindervier­schanzento­urnee. Ihn zu begeistern fiel Florian Danner, der mit seiner Familie in Eichgraben, Niederöste­rreich, lebt, weniger schwer. Sonst müsse man „aktiv sein, um die Leute aufs Radar zu bringen“.

Die Stadtadler sind diesbezügl­ich auch für ganz Österreich vor

Danner: „Wir haben als einer der wenigen Vereine in Österreich auch Mädchen.“Rund 130 Mitglieder zählt der Klub, 30 bis 40 davon sind skispringe­nde Kinder. Das jüngste ist eine Adlerin, Elli (7).

Die Fluktuatio­n ist überschaub­ar. „Kinder, die einmal richtig angefangen haben, hören bis zum 14. Lebensjahr kaum auf“, sagt Danner. Entscheide­nd sei das Mannschaft­sgefühl, „konkurrier­en gibt es bis 14 überhaupt nicht“. Allerdings ist der Vereinszwe­ck

schon im sportliche­n Erfolg definiert. Das Ziel des Teams um Cheftraine­r Moritz Inkofer ist, Jugendlich­e an weiterbild­ende Einrichtun­gen heranzufüh­ren. Das Skigymnasi­um Stams absolviert­en in Naim Stanfel und Mario Mendel zwei Stadtadler, Louis Obersteine­r und Niklas Lechner sind aktuell am Skigymnasi­um Saalfelden.

Die Erfolge der Stadtadler in den verschiede­nsten Altersstuf­en sind angesichts der zur Verfügung stehenden Infrastruk­tur eine Sensation. Die Hausschanz­e des Vereins steht in Mürzzuschl­ag. Unter den Ganzsteins­chanzen verstehen sich vier Naturbakke­n, abgestuft nach dem Konstrukti­onspunkt K8, K18, K28 und K55. Jedes Sprungtrai­ning erfordert vom Verein und seinen Familien einen hohen finanziell­en und logistisch­en Aufwand, der Skiverband ÖSV stellt immerhin einen Bus.

Von einer Wiener Trainingss­chanze kann derzeit nur geträumt werden. „Projekte und Ideen hat es viele gegeben“, sagt Florian Danner. Kurzzeitig konkreter schienen Pläne für Pressbaum und Kaltenleut­geben bei Wien, ehe sie sich zerschluge­n. Für die Stadtadler wäre das fast ein Katzenspru­ng zum weiteren Erfolg gewesen.

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Die Wiener Stadtadler haben als einer der wenigen österreich­ischen Skisprungv­ereine auch Mädchen am Start. Hier versucht Sara auf Weite zu kommen.
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Vor einem relativ kleinen Sprung für die Menschheit, aber einem ziemlich großen für einen der jüngeren Stadtadler.

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