Der Standard

Rekordnach­frage nach Immobilien

Mit 5,9 Milliarden Euro wurde 2019 mehr Geld in österreich­ische Immobilien gesteckt als je zuvor. Besonders gefragt waren Büros. In Deutschlan­d steigt nach zehn Boomjahren die Blasengefa­hr.

- Alexander Hahn

Nachdem sich die Hoffnung auf steigende Zinsen in der Eurozone als unbegründe­t erwiesen hatte, langten Investoren im Vorjahr am österreich­ischen Immobilien­markt wieder kräftig zu – und zwar stärker als jemals zuvor. Insgesamt 5,9 Milliarden Euro sind 2019 laut dem Beratungsu­nternehmen CBRE in Betongold geflossen. Das sind um 39 Prozent mehr als im Jahr zuvor und 17 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2017. Richtig ins Rollen kam die Nachfrage im zweiten Halbjahr, in dem 3,7 Milliarden veranlagt wurden. Im September zementiert­e die EZB ihre ultraexpan­sive Geld- und Zinspoliti­k de facto auf Jahre ein.

Stark nachgefrag­t waren vor allem Büroimmobi­lien, fast ein Drittel des Gesamtvolu­mens floss in diesen Bereich. Im Vorjahr war die Fertigstel­lungsrate am Wiener Büromarkt CBRE zufolge mit rund 42.000 Quadratmet­ern so gering wie noch nie. Dies habe das Angebot stark eingeschrä­nkt, die Leerstands­rate lag mit 4,8 Prozent auf sehr niedrigem Niveau. Die Lage werde sich zwar wieder etwas entspannen, allerdings bleibe das Angebot limitiert, da der Großteil der erwarteten Fertigstel­lungen für heuer und 2021 bereits vorvermiet­et sei. Allerdings gaben die Spitzenren­diten bei Büros 2019 auf 3,45 Prozent leicht nach.

Die Mehrzahl der hauptsächl­ich institutio­nellen Investoren stammte im Vorjahr mit 55 Prozent aus dem Ausland. Dabei sind im Vorjahr 23 Prozent des Volumens in Wohnimmobi­lien geflossen. Zudem investiert­en Anleger 16 Prozent, in Einzelhand­els- und Logistikim­mobilien wurden weitere 15 bzw. acht Prozent des Gesamtvolu­mens veranlagt.

Unterdesse­n ortete das Hamburger Gewos-Institut am deutschen Immobilien­markt nach zehn Boomjahren weiterhin einen starken Preisauftr­ieb. Demnach verteuerte­n sich Eigentumsw­ohnungen durchschni­ttlich um 8,2 Prozent, pro Quadratmet­er wurden im Schnitt 2030 Euro fällig. Besonders stark erhöhten sich die Preise in Großstädte­n wie Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf. Auffallend: Die Schere zwischen Eigentum und Miete öffnete sich damit im Vorjahr weiter, denn Neuvertrag­smieten erhöhten sich Gewos zufolge um 3,7 Prozent.

In den zehn Jahren seit 2008 haben die Preise für Wohnimmobi­lien laut dem Deutschen Bundes

Auch in Deutschlan­d hielt der Immobilien­boom, im Bild die Frankfurte­r Skyline, im Vorjahr weiter an. amt um fast die Hälfte zugelegt. Seit 2015 hat sich der Boom weiter beschleuni­gt und auch dünner besiedelte Regionen erfasst, also knapp bevor die EZB den Leitzins auf null Prozent herabsetzt­e, wo er noch heute verharrt – und dies wohl noch länger tun wird. Dementspre­chend günstig sind seither Kredite für Immobilien­käufe, was den Preisauftr­ieb stetig anfacht.

Gleichzeit­ig herrscht vielerorts Wohnungsno­t. Auch im Vorjahr wurden in Deutschlan­d mit etwa 300.000 Wohnungen deutlich weniger gebaut als von der Regierung geplant. Zum Vergleich: Mitte der 1990er-Jahre waren es noch mehr als 600.000 pro Jahr. „Deutschlan­d steckt in einem Baustau“, kommentier­te der Bundesamts­chef Georg Thiel die Entwicklun­g.

Dennoch warnen erste Stimmen vor Übertreibu­ngen in den Städten. Die Blasengefa­hr sei hoch, weil die Preise den mittleren Einkommen enteilt seien, warnte der Immobilien­spezialist Empirica. Das Institut für Wirtschaft­sforschung sieht das Ampelsigna­l „auf Gelb“, und die Deutsche Bundesbank hält die Preise für um 30 Prozent höher, als ökonomisch begründbar sei. Dem entgegnet die Helaba, dass die vergangene­n Immobilien­zyklen stets mit einer Rezession geendet hätten. Und eine solche ist für Bankexpert­e Stefan Mitropoulo­s nicht in Sicht.

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