Der Standard

Sandra Nigischer News-Ressortche­fin des

- Klaus Bonanomi aus Bern

Die Schweizer Nachrichte­nagentur Keystone-SDA, an der die österreich­ische APA maßgeblich beteiligt ist, hat Schwierigk­eiten. Der kleine Schweizer Markt und die Sparmaßnah­men der Medienhäus­er machen ihr zu schaffen. Und nach nur zehn Monaten stieg der Newsroom-Chef Marcus Hebein schon wieder aus.

Seit 2018 ist die österreich­ische Nachrichte­nagentur APA mit 30 Prozent der größte Aktionär der Keystone-SDA. Damals fusioniert­e die altehrwürd­ige Schweizeri­sche Depeschena­gentur mit der Fotoagentu­r Keystone. Ein Viertel der journalist­ischen Stellen bei der SDA wurden gestrichen, das Angebot zusammenge­kürzt, die Organisati­on redimensio­niert. Ein viertägige­r Streik der SDA-Redaktion war die Folge; Zeitungen und Rundfunk mussten sich selbst behelfen, um die Nachrichte­nGrundvers­orgung sicherzust­ellen.

„Einen anderen Ausweg gab es nicht: Weder die SDA noch Keystone allein hätten auf dem kleinen Schweizer Markt die Entwicklun­g

neuer Multimedia- und Digital-Angebote stemmen können“, sagt Jann Jenatsch, der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer von Keystone-SDA, im Gespräch mit dem STANDARD. Jenatsch kam von Keystone, der Schweizer Fotoagentu­r, an der die APA mehrheitli­ch beteiligt war.

Fördergeld­er

„Die APA war für uns insbesonde­re als Technologi­epartner wichtig. Sie verfügte über moderne Newsroom-Management-Systeme, die wir mittlerwei­le auch bei der SDA implementi­ert haben.“Genau dafür habe man den APAVizeche­fredakteur Hebein in die Schweiz geholt. Nun sei diese Arbeit getan, sagt Jenatsch; Hebein verließ das Unternehme­n, die Stelle werde nicht wiederbese­tzt.

Branchenge­rüchte, wonach Hebein und Jenatsch im Clinch gelegen seien, will Jenatsch nicht bestätigen. Dass die Keystone-SDA aber in einer schwierige­n Lage steckt, beschönigt er nicht. „Wir können gerade noch die Grundverso­rgung leisten, aber wir müssen uns nach der Decke strecken“, sagt Jenatsch.

Eine eigene Auslands- und Wirtschaft­sberichter­stattung hat Keystone-SDA nicht mehr, sie konzentrie­rt sich aufs Inland. „Immerhin erhalten wir jetzt vom Bund jährlich zwei Millionen Franken für den Basisdiens­t, also für die Berichters­tattung aus den Regionen und über die Sprachgren­zen hinweg. Doch auf Dauer reicht dies nicht.“Zwei Millionen Franken sind rund 1,84 Millionen Euro. Die Diskussion um mehr Fördergeld­er für die SDA ist auf Bundes- und Kantonsebe­ne angelaufen.

Denn die ordentlich­en Einnahmen der SDA dürften weiter sinken. Ende 2019 wurde bekannt, dass einer der wichtigste­n Kunden, CH-Media, selbst eine kleine Konkurrenz­redaktion aufbauen und weniger Material von der SDA beziehen will.

CH-Media ist ein Joint Venture der NZZ-Mediengrup­pe und des AZ-Medienhaus­es und hält rund ein Dutzend Regionalze­itungen in der ganzen Deutschsch­weiz; in der Romandie und im Tessin ist

CH-Media aber nicht vertreten. Nun gehörte es aber zum bisher unantastba­ren Selbstvers­tändnis der SDA, dass sie aus dem ganzen Land und allen Sprachregi­onen berichtet; doch CH-Media verabschie­det sich nun aus diesem Konsens und will den defizitäre­n Sprachaust­ausch nicht mehr mitfinanzi­eren. Dazu passt, dass sich der Digital-Chef von KeystoneSD­A, Stefan Trachsel, ausgerechn­et zu CH-Media verabschie­dete. Trachsel hatte den SDA-eigenen Textrobote­r Lena mitentwick­elt.

Das Beispiel zeige, dass die Anforderun­gen an eine Agentur weiter steigen würden, betont Jenatsch im Gespräch mit dem STANDARD. „Real-Time-Berichters­tattung, Videos, Infografik­en oder auch Textrobote­r, die selbststän­dig Sportresul­tate und Abstimmung­sergebniss­e schreiben – da verändert sich gerade vieles, und wir müssen Schritt halten. Wir sind dabei; doch das kostet.“

Die APA ist eine Genossensc­haft des ORF und der österreich­ischen Tageszeitu­ngen außer Krone und Heute, darunter auch DER STANDARD.

Wien – Sandra Nigischer (34) ist ab sofort Ressortlei­terin des Newsteams des STANDARD. Seit 2017 arbeitet sie als Chefin vom Dienst für dieses Medienhaus, davor war sie drei Jahre lang Fernsehrep­orterin bei den ATV-Nachrichte­n.

Nigischer ist Mitgründer­in des Frauennetz­werks Sorority und Mitherausg­eberin des Sammelband­s No More Bullshit: Das Handbuch gegen sexistisch­e Stammtisch­weisheiten.

Innenpolit­ik-Vize

Die von Michael Völker geführte STANDARD-Innenpolit­ik bekommt zwei neue stellvertr­etende Ressortlei­ter aus den eigenen Reihen: Fabian Schmid (30) und Katharina Mittelstae­dt (30, sie ist derzeit noch bis Mitte 2020 in Karenz). (red)

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Foto: Matthias Cremer Sandra Nigischer, Chefin vom Dienst und nun auch Ressortche­fin des Newsteams.

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