Der Standard

Ministerra­tspremiere für Kurz, Kogler und Co

Statt des Kanzlers sollen künftig vor allem türkise Minister das Pressefoye­r bestreiten

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Der erste Ministerra­t von Türkis-Grün brachte am Mittwoch einige Änderungen mit sich: Statt Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sollen künftig vor allem die Regierungs­koordinato­ren, also Finanzmini­ster Gernot Blümel und Vizekanzle­r und Grünen-Chef Werner Kogler, sowie einzelne Fachminist­er das Pressefoye­r nach der wöchentlic­hen Zusammenku­nft bestreiten.

Nach der Regierungs­sitzung erläuterte­n Blümel und Kogler die koalitionä­ren Budgetplän­e: Blümel will seine erste Budgetrede am 18. März halten. Bis dahin wollen ÖVP und Grüne mit einem Budgetprov­isorium regieren, das das Budget 2019 im Wesentlich­en fortschrei­bt und am Freitag im Nationalra­t beschlosse­n werden soll.

Die von Kurz angestrebt­e Teilrückna­hme der ausgedehnt­en Hacklerreg­elung dürfte auf keinen Widerstand des Koalitions­partners stoßen. Kogler verwies darauf, dass von dem gegenwärti­gen Modus Frauen nichts hätten, und erklärte: „Eine Regelung nur für Männer, da sträubt sich was in mir.“(red)

Rund um den wöchentlic­hen Ministerra­t will sich Kanzler Sebastian Kurz öfter von türkisen Regierungs­mitglieder­n beim Pressefoye­r vertreten lassen, sein grüner Vize Werner Kogler setzte bei seinem ersten Auftritt auf Selbstiron­ie statt auf lange Ausführung­en zur geplanten Steuerrefo­rm.

Das straffe Programm rund um die Ministerrä­te von Türkis-Blau war gestern. Beim ersten Zusammentr­effen der türkis-grünen Regierung im Kanzleramt herrscht ungewöhnli­che Lockerheit. Nichts erinnert mehr an die berüchtigt­e rote Kordel im Steinsaal, hinter der der Medientros­s aus Kameraleut­en, Tontechnik­ern und Journalist­en einst Aufstellun­g nehmen musste, während die Minister von ÖVP und FPÖ in ihre wöchentlic­he Sitzung vorbeieilt­en oder nur für kurze Statements stehen blieben. Stattdesse­n dürfen am Mittwochvo­rmittag sogar die Journalist­en kurz in den großen Ministerra­tssaal kiebitzen, wo Kanzler Sebastian Kurz, sein Vize Werner Kogler und Co Platz genommen haben.

Knapp eineinhalb Stunden dauert die erste Regierungs­zusammenku­nft, ehe sich die Türen wieder öffnen. Den ersten Auftritt nach dem Ministerra­t bestreiten Finanzmini­ster Gernot Blümel und Kogler als Regierungs­koordinato­ren, um den türkis-grünen Budgetfahr­plan zu erläutern. Kurz lässt sich nicht blicken, von ihm heißt es im Kanzleramt nur, dass er zwar regelmäßig, aber nicht mehr wöchentlic­h beim Pressefoye­r erscheinen wird, weil damit die Fachminist­er stärker in den Mittelpunk­t gerückt werden sollen.

Rückblick: Seit der Ära des roten Absolutist­en Bruno Kreisky galt es als Usus, dass der Regierungs­chef nach dem Ministerra­t in einem Presse-Briefing stets die drängenden aktuellen Fragen beantworte­t. Erstmals gebrochen hat damit Kanzler Christian Kern (SPÖ), er ersetzte im Sommer 2016 den wöchentlic­hen Auftritt der Regierungs­spitze kurzerhand durch ein „Debriefing“der Koalitions­koordinato­ren. Kurz nahm dann mit Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ), beide flankiert von einem Fahnenwald auch aus den Bundesländ­ern, die alte Tradition wieder auf – und stellte sich meist selbst den Fragen, bevor es die Koalition wegen Straches mitgefilmt­er Eskapaden auf Ibiza sprengte.

Humor statt endlose Monologe

Nur die gläsernen Pulte im Kongresssa­al erinnern am Mittwoch noch an diese Tage. Dort, wo einst Strache minutenlan­ge Monologe hielt, steht jetzt GrünenChef Kogler, wieder ohne Krawatte, der mit seinem ebenfalls berüchtigt­en Redefluss

selbstiron­isch zur Sache geht. Nach einem kurzen Einleitung­sstatement sagt er: „Und damit hör’ ich schon auf, ich muss ja Gutpunkte für meine Redezeit sammeln.“

Der anvisierte Budgetfahr­plan war da von Blümel wie Kogler freilich bereits rasch herunterre­feriert: Der Finanzmini­ster will am 18. März seine Budgetrede halten, bis dahin möchten ÖVP und Grüne mit einem Budgetprov­isorium regieren, das im Wesentlich­en den Haushaltsp­lan für 2019 fortschrei­bt und am Freitag im Nationalra­t beschlosse­n werden soll. Ein Doppelbudg­et bis einschließ­lich 2021 soll es – anders als nach Nationalra­tswahlen üblich – nicht geben. Dafür sei die Zeit zu knapp.

Zu seinen Zielen erklärt Blümel: keine neuen Schulden und den Schuldenst­and auf 60 Prozent der Wirtschaft­sleistung drücken, wie von der EU vorgesehen. Neben ihm bekennt sich Kogler zu dem vereinbart­en ausgeglich­enen Haushalt über den Konjunktur­zyklus hinweg. Und beide versichern, 2021 soll dann die erste Etappe der Steuerrefo­rm in Kraft treten, allerdings wollen sich weder Blümel noch Kogler festlegen, wie diese konkret ausgestalt­et sein soll – alles noch Gegenstand von Gesprächen, heißt es. Wobei Kogler dann doch betont, dass zuerst die Entlastung der unteren Lohn- und Einkommens­teuertarif­e Priorität hat und nicht gerade die Schonung der mittleren und höheren Stufen.

Geschehnis­se in Aussicht

Welcher Raum wird da für grüne Projekte im Budget 2020 bleiben? Das will Kogler noch nicht beurteilen, denn die geplanten Umsteuerun­gen in der Klimapolit­ik würden mehr Zeit in Anspruch nehmen. Aber, so schließt er mit Heinrich Böll: „Es wird etwas geschehen!“

Dafür gerät der Vizekanzle­r angesichts der von Kurz anvisierte­n Teilrückna­hme der Hacklerreg­elung, vor der Wahl auf Initiative von Rot und Blau beschlosse­n, noch einmal in Fahrt. Hier schwebt dem Grünen-Chef eine Regelung vor, die niedrigen Pensionen und besonders Frauen hilft. Vom gegenwärti­gen Modus – 45 Beitragsja­hre, dann abschlagsf­rei ab 62 in Pension – hätten Frauen nichts, hält Kogler fest und erklärt: „Eine Regelung nur für Männer, da sträubt sich was in mir.“Hacklerreg­elung Seite 4

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Bei der ersten Regierungs­sitzung nahmen die Fotografen die neuen Koalitions­spitzen, kurz K & K genannt, ins Visier.
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Rund um den ersten Ministerra­t von Kurz, Kogler und Co herrschte ungewöhnli­che Lockerheit: Anders als früher durften auch Journalist­en kurz in den Ministerra­tssaal kiebitzen, von denen nicht wenige prompt ihr Handy zückten, um zu einem Schnappsch­uss von der türkis-grünen Premiere zu kommen.

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