Frühpension für neue Hacklerregelung
Für die ÖVP belastet die abschlagsfreie Frühpension nach 45 Beitragsjahren das System zu stark. Die Grünen stoßen sich daran, dass Frauen von der neuen Hacklerregelung nicht profitieren. SPÖ und FPÖ schäumen wegen des nahenden Endes des Gesetzes.
Ein teures Wahlzuckerl der SPÖ dürfte der jüngst angelobten türkis-grünen Regierung zum Opfer fallen. Kurz vor der Nationalratswahl hatten die Sozialdemokraten einen vom Gewerkschaftsbund (ÖGB) initiierten Antrag, wonach Männer nach 45 Beitragsjahren mit 62 abschlagsfrei in Pension gehen können, eingebracht. Unterstützt wurde die SPÖ dabei von den Freiheitlichen. Aber auch die ÖVP hatte damals zähneknirschend zugestimmt. Die Regelung war in einem Gesamtpaket mit der Pensionsanpassung verpackt. Die Grünen waren damals im Nationalrat nicht vertreten.
Diese „Husch-pfusch-Aktion so mancher Parteien im Wahlkampf“will Kanzler Sebastian Kurz nun rückgängig machen. Dienstagabend sagte er in einem ORF-Interview, dass die Regierung die sogenannte Hacklerregelung überarbeiten werde: „Wir müssen uns sicherlich anschauen, wie wir das reparieren können.“Die Regelung sei zu teuer, warnten und warnen Kritiker aus unterschiedlichen politischen Lagern. Sie belaste das Pensionssystem über Gebühr. Zwar ist die Version vom vergangenen September
deutlich moderater als ihr Vorgänger von 2008. Schon damals wurden – wie auch im September 2019 – in einer berüchtigten Parlamentssitzung Pensionen erhöht und die Hacklerregelung beschlossen.
Allerdings war der Pensionsantritt damals bereits mit 60 möglich, anders als heute konnten Zeiten für Ausbildung, Präsenzund Zivildienst in die 45 Arbeitsjahre eingerechnet werden. Die Ausgaben für das Pensionssystem sind damals explodiert. Dass es erneut so kommt, will Türkis vermeiden. Frühpensionierungen gehen gegen die Pläne des Kanzlers. „Was es braucht in unserem Pensionssystem, ist die schrittweise Steigerung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters“, sagte Kurz.
Kein Bonus für Frauen
Der grüne Vizekanzler Werner Kogler sekundierte Kurz am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. Er stößt sich besonders daran, dass die Hacklerregelung nur Männern zugutekommt. „Ich würde mir wünschen, dass andere Gruppen im österreichischen Pensionssystem bevorzugt bessergestellt werden, zum Beispiel die Frauen, die ganz, ganz niedrige Pensionen bekommen“, so Kogler. Frauen profitieren nicht von der Regelung, weil sie mit 60 in Pension gehen können. Allerdings stünde die Rücknahme auf der Prioritätenliste nicht ganz oben. Man werde sich die Sache im Laufe des Jahres ansehen.
Der ÖGB teilt Koglers Position, die Pensionen von Frauen anzuheben. Allerdings stehe dies in keinem Widerspruch zur Hacklerregelung, heißt es in einer Aussendung des Gewerkschaftsbundes: „Koglers Ansatz, die sogenannte Hacklerregelung wieder abschaffen zu wollen, weil sie ausschließlich Männern zugutekommt, ist der vollkommen falsche Weg. Das wäre ein Schritt zurück statt vorwärts.“
Die FPÖ bedauert die türkisgrünen Pläne zur Hacklerregelung. Diese wieder abzuschaffen, sei eine „unfaire und unsoziale Aktion gegenüber fleißigen Österreichern“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Ähnlich die Wortwahl des SPÖ-Sozialsprechers Josef Muchitsch: Er sprach von einem Anschlag auf die Arbeitnehmer. Die Neos begrüßten die Rücknahme der Hacklerregelung. (luis)