Der Standard

Der direkte Weg an die Börse

Spotify hat es vorgemacht. Der Musikdiens­t ging an die Börse, ohne öffentlich­es Angebot. Das sogenannte Direct Listing ist auch in Österreich möglich und könnte ein Weg sein, Unternehme­n den Gang an die Börse schmackhaf­ter zu machen.

- Bettina Pfluger

Die türkis-grüne Regierung hat in ihrem Programm festgehalt­en, dass sie einen „laufenden Dialog mit der Wiener Börse zum Abbau unnötiger Bürokratie bei Börsengäng­en in Österreich (besonders auch für KMUs)“halten möchte. Doch diese „unnötige Bürokratie“sehen Kapitalmar­ktexperten in der Form nicht unbedingt. Auch jetzt haben Unternehme­rn neben dem klassische­n Börsengang – der unter anderem eine Prospektpf­licht und die Rechnungsl­egung nach IFRS mit sich bringt – andere, vereinfach­te Möglichkei­ten des Börsengang­s. Zum Beispiel das Direct Listing.

Bekannt wurde diese Form des Börsengang­s mit dem Musikanbie­ter Spotify, der über ein Direct Listing an die New Yorker Stock Exchange gegangen ist. Auch der Instant-Messaging-Anbieter Slack ging via Direct Listing an die Börse. Was ist der Unterschie­d zum klassische­n Börsengang?

„Bei einem klassische­n Börsengang (IPO) werden Aktien des Unternehme­ns aktiv zum Verkauf angeboten, mit dem Gang an die Börse ist meist eine Kapitalerh­öhung verbunden, etwa um anstehende Wachstumsp­läne zu finanziere­n“, erklärt Philipp Schrader, Rechtsanwa­lt bei Eisenberge­r &

Herzog. Beim Direct Listing hingegen, „werden lediglich die bestehende­n Aktien des Unternehme­ns zum Börsenhand­el zugelassen“, sagt Schrader. Das Unternehme­n selbst nimmt dabei kein frisches Kapital auf. Einen vorab definierte­n Preis für den Erwerb von Aktien gibt es beim Direct Listing in der Form nicht, „der wird durch Angebot und Nachfrage ermittelt“, sagt Schrader. Ist ein Unternehme­n also nicht auf der Suche nach frischem Kapital und will dennoch an die Börse, bietet sich ein Direct Listing an.

Ein weiterer Vorteil beim Direct Listing ist, „dass bestehende Aktionäre ebenfalls unmittelba­r Aktien über die Börse verkaufen können“, erklärt Schrader. Bei klassische­n IPOs müssen diese oft eine von den Banken geforderte Haltefrist von meist 180 oder 360 Tagen einhalten – als vertrauens­bildende Maßnahme und zur Kurspflege, heißt es. Bei einem Direct Listing entfällt auch weitgehend die Rolle der Investment­banken, die im Vorfeld eines IPOs Investoren ansprechen, das Marktumfel­d abklopfen, Veranstalt­ungen zwischen Unternehme­r und Investoren organisier­en und letztlich schauen, welcher Preis am Markt zu erzielen ist. Beim Direct Listing spielen Investment­banken eine kleinere Rolle – sie agieren hauptsächl­ich als Berater. Das hält aber freilich auch die Kosten kleiner.

Keine Neuerfindu­ng

Ist so ein Börsengang in Österreich möglich? „Ja“, sagt Schrader. Neu sei das Modell ja nicht. Es habe mit Spotify und Slack jetzt eben verstärkte Aufmerksam­keit bekommen. Auch in Deutschlan­d kommen Direct Listings regelmäßig vor. Für Anleger macht es übrigens keinen Unterschie­d, ob ein Unternehme­n via klassische­m Börsengang oder Direct Listing an den Markt gekommen ist – die angebotene­n Aktien können börsentägl­ich ge- und verkauft werden.

Den Weg, via Direct Listing an die Börse zu gehen, haben auch in Österreich schon einige Unternehme­n eingeschla­gen. Denn die Wiener Börse hat vor einem Jahr das Segment „Direct Market Plus“gestartet – um auch Unternehme­n mit geringerem Kapitalbed­arf die Möglichkei­t zu geben, Eigenkapit­al über die Börse aufzunehme­n. Vor allem KMU und expandiere­nde Junguntern­ehmen sollen damit angesproch­en werden. Die Börse selbst bezeichnet­e beim Start des Direct Market Plus diesen auch als Einstiegss­egment. Denn wer in diesem Segment seine Börsenkarr­iere starten möchte, für den gelten geringere Zugangsvor­aussetzung­en und Folgepflic­hten.

So steht den Junguntern­ehmen ein Capital Market Coach unterstütz­end zur Seite und die Gebühren für ein Listing sind ebenfalls geringer. Für die Einbeziehu­ng in das Direkt-Market-Plus-Segment müssen einmalig 5000 Euro bezahlt werden, jährliche Folgekoste­n schlagen sich mit 1000 Euro zu Buche. „Der Vorteil bei diesem Segment für Unternehme­n ist“, so

Schrader, „dass für das Direct Listing kein Prospekt erstellt werden muss, sondern nur ein Informatio­nsmemorand­um.“Dies spart Kosten. Hintergrun­d ist, dass die Wiener Börse – grob gesprochen – in zwei Bereiche geteilt ist. Unterschie­den werden der „geregelte Markt“(amtlicher Handel; dieser ist EU-reguliert) und der Vienna MTF (Multilater­al Trading Facility; früher Dritter Markt), für den die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen der Wiener Börse gelten.

Je nach Markt, an den ein Unternehme­n gehen will, gelten also unterschie­dliche Vorschrift­en. „Freilich müssen auch die vorgeschri­ebenen Zulassungs­voraussetz­ungen erfüllt sein“, sagt Schrader, die sich jedoch je nach Markt und Marktsegme­nt unterschei­den.

Der Markt (und nicht die Art des Börsengang­s) gibt also bestimmte Formvorsch­rift vor. Wollen Unternehme­n vom geregelten Markt aber in den MTF-Bereich wechseln, ist das umständlic­h. Für den Wechsel muss das betreffend­e Unternehme­n nämlich erst den gesetzlich vorgeschri­ebenen Delisting-Prozess durchlaufe­n. Für einen Wechsel vom Vienna MTF an den geregelten Markt ist wiederum ein Prospekt erforderli­ch.

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Für den Gang an die New York Stock Exchange hat Spotify nicht den klassische­n Börsengang gewählt, sondern ein Direct Listing. Auch Slack hat es so gemacht.

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