Investoren lässt der Raketenhagel kalt
Der iranische Raketenangriff auf US-Stützpunkte im Irak hat Investoren eher beruhigt als weiter nervös gemacht. Die Flucht in Gold ist vorerst zu Ende, auch der Ölpreis stabilisierte sich.
Der iranische Raketenangriff auf US-Ziele im Irak hat die Kurse an den Aktienbörsen nur kurzzeitig belastet. Investoren hofften darauf, dass es nicht zu einem ausgewachsenen Krieg in der Golf-Region komme, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Tatsächlich sprechen auch einige Nahost-Experten davon, dass Iran und die USA von weiteren Angriffen absehen könnten, der Status quo ermögliche beiden Seiten einen gesichtswahrenden Ausstieg aus der Eskalationsspirale.
Der Dax lag am frühen Nachmittag 0,4 Prozent, auch der EuroStoxx50 kletterte um 0,2 Prozent. Rückenwind erhielten die Kurse von überraschend positiven USArbeitsmarktdaten. Der privaten Arbeitsagentur ADP zufolge wuchs die Zahl der Beschäftigen im Dezember so stark wie zuletzt vor knapp einem Jahr.
Als Vergeltung für die gezielte Tötung eines hochrangigen Generals vergangene Woche beschoss der Iran von den USA angeführte internationale Truppen im Irak.
Unmittelbar nach der Attacke stieg der Ölpreis zunächst auf ein Vier-Monats-Hoch. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 5,1 Prozent auf 71,75 Dollar je Barrel (159 Liter). Am Mittwochnachmittag verbilligte sich das Barrel aber wieder auf 67,53
Dollar. Die Aktien des weltgrößten Ölkonzerns Saudi Aramco fielen an der Börse Riad zeitweise auf ein Rekordtief von 34 Riyal und schlossen mit 34,20 Riyal noch 0,4 Prozent tiefer. Die AntikrisenWährung Gold konnte anfängliche Gewinne nicht halten. Das Edelmetall markierte mit 1610,90 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zunächst ein Rekordhoch und notierte zuletzt 0,2 Prozent schwächer bei 1571,46 Dollar. Auch das zeigt, dass Investoren eher mit einer Entspannung rechnen.
Am deutschen Aktienmarkt sorgte unterdessen Varta mit einem Kurssturz von bis zu 24 Prozent für Aufsehen. Ein Grund dafür war Händlern zufolge eine Herunterstufung des Batterie-Herstellers durch die Commerzbank.
Das Institut sei bei diesem Wert der Meinungsführer, sagte einer von ihnen. Die Commerzbank empfahl bisher, Varta-Aktien zu kaufen, änderte die Einschätzung jetzt aber auf „hold“. Hintergrund dürften Berichte und ein Blog-Eintrag darüber gewesen sein, dass Varta mit Patentverletzungen durch chinesische Konkurrenten kämpft, die ähnliche Produkte wie der deutsche Hersteller anbieten. Im vergangenen Jahr hatten sich der Varta-Kurs noch fast verfünffacht.
Aus den Depots flogen auch die Papiere von Deutsche Euroshop, die mit einem Minus von acht Prozent auf den größten Tagesverlust seit 17 Jahren zusteuerten. Der Wert des Immobilienvermögens des Shoppingcenter-Betreibers ging den Angaben zufolge 2019 um 123 Millionen Euro zurück. Angesichts des schwächelnden Handels in Geschäften sei dies keine überraschende Entwicklung, schrieb Analyst Kai Klose von der Berenberg Bank. Eine Besserung sei nicht in Sicht.
Unter Druck gerieten auch europäische Zulieferer des US-Flugzeugbauers Boeing, nachdem eine Maschine des Typs 737 im Iran abgestürzt war. Bei dem Unglück kamen alle 176 Insassen ums Leben. Die Papiere von Safran und Melrose gaben jeweils etwa ein halbes Prozent nach. An der Wall Street büßten Boeing-Titel vorbörslich ein Prozent nach. Die Aktien des größten Zulieferers Spirit Aero Systems rutschten um 2,4 Prozent ab. Die Papiere des Boeing-Rivalen Airbus notierten in Paris hingegen 1,2 Prozent fester.
In Wien gaben dem internationalen Trend folgend die Papiere von Schoeller-Bleckmann deutlich nach, das Ausrüstung für Betrieb von Ölförderanlagen herstellt. (Reuters, red)