Doch keine digitale Ausweispflicht
Offen bleibt, ob die Anonymität im Internet tatsächlich bestehen bleibt
Wien – Die digitale Registrierungspflicht soll nicht in der Form kommen, wie sie die ÖVP ursprünglich vorgesehen hatte. Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Interview mit der Zeit im Bild bestätigt. Stattdessen soll etwa eine Spezialzuständigkeit bei den Staatsanwaltschaften eingeführt werden.
Die zuvor regierende Koalition wollte Poster im Netz dazu verpflichten, persönliche Daten zu hinterlassen. Dadurch sollte mit der Anonymität im Netz Schluss sein – hätten Behörden oder im Fall einer Beleidigung Private Zugriff verlangt, hätte dieser gewährt werden müssen. Die Begründung lautete damals, dass dadurch die Verfolgung von Hass im Netz vereinfacht werden solle. Die Pläne wurden massiv kritisiert, der Oberste Gerichtshof stellte in Zweifel, dass es sich dabei nicht um eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung handelt. Der EuGH hat mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Datenspeicherung ohne Anlass rechtswidrig ist.
Wie es stattdessen weitergehen soll und ob die Anonymität eingeschränkt wird, bleibt offen: Im Regierungsprogramm ist etwa die Rede von einer „Individualisierungspflicht für Netzbetreiber“. Konkret weisen Mobilfunker Nutzern IP-Adressen dynamisch zu – das bedeutet, dass sich die IP-Adresse immer wieder ändert und auch unterschiedliche Nutzer dieselbe erhalten können. Nun wurde im Überwachungspaket der türkis-blauen Regierung 2018 „Quick Freeze“verabschiedet, eine Form der Vorratsdatenspeicherung, bei der Telekomanbieter bei einem „Anfangsverdacht“Daten nach Aufforderung bis zu zwölf Monate lang speichern müssen. Kommt diese zum Einsatz, müssen die genutzten IP-Adressen nach Ansicht der neuen Regierung künftig nachverfolgt werden können. Da aber solche Informationen in der Regel nicht gespeichert werden – Mobilfunker dürfen nur so viele Daten aufbewahren, wie für die Abrechnung notwendig ist –, bleibt offen, wie das im Einklang zu den Regeln einer Vorratsdatenspeicherung rechtlich bewerkstelligt werden soll. (muz)