PRESSESTIMMEN
Aus Kommentaren internationaler Zeitungen zum Iran-USA-Konflikt: (Oslo) Welche langfristige politische Strategie hinter der Tötung von Ghassem Soleimani liegt, versteht vorläufig keiner. Vielleicht selbst Präsident Donald Trump nicht. Klar ist dagegen, dass die Gefahr eines neuen Krieges im Nahen Osten bedrohlich gestiegen ist. Wir haben auf die Rache gewartet. Und sie kam aller Voraussicht nach jetzt: In der Nacht haben Raketen eine Luftwaffenbasis im Irak getroffen. Über den nächsten Schritt – Amerikas Reaktion – wissen wir vermutlich mehr, wenn Trump aufwacht und die Nachrichtensendungen im USFernsehen verdaut hat. Der Rest der sogenannten Weltgemeinschaft hat nun eine große Verantwortung, dazu beizutragen, den Konflikt zu deeskalieren. (Zürich) Das Szenario, dass Iran dereinst die internationalen Atominspektoren aus dem Land wirft und sein Uran innert Wochen zum Bau einer Atombombe nutzen könnte, ist weder für die USA noch Irans Erzfeind Israel akzeptabel. Auch wenn Trump nochmals seinen Friedenswillen betont hat, bringt ihn die jüngste Eskalation näher an eine Situation, in der er über einen Militärschlag gegen Irans Atomanlagen entscheiden muss. Auch dies ist ein Paradox: Ausgerechnet er, der vor vier Jahren Wahlkampf betrieben hatte mit der Parole, er werde Amerikas Verstrickung in die Konflikte des Mittleren Ostens beenden, kettet sich durch seine Handlungen zwangsläufig stärker an diese Region. (Frankfurt) Dass europäische Verbündete von der Regierung Trump nicht in Kenntnis gesetzt worden waren, bestätigt im Übrigen die Klage Emmanuel Macrons, im westlichen Bündnis gebe es keine strategische Abstimmung. Von einer Entscheidung, deren Folgen eine Region ins Chaos stürzen können, geopolitische Koordinaten durcheinanderwirbeln und Europas Sicherheit gefährden, sollten Amerikas Verbündete nicht aus den Nachrichten erfahren müssen. (München) So begrenzt die Möglichkeiten Europas und Deutschlands also zu sein scheinen, so unbegrenzt sind die möglichen Folgen der Krise. Das gilt selbst für den Fall, dass ein regelrechter Krieg zunächst ausbleibt.
Fällt das bisschen an Stabilität, das im Irak bisher gesichert werden konnte, sind neue Fluchtbewegungen sicher. Iran wird sich für seinen Terror mit höchster Wahrscheinlichkeit Ziele auch in Europa suchen. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Verwerfungen. Europa wird – in noch stärkerem Maß als bisher – den Preis seiner Schwäche zu zahlen haben. Kurzfristig bleibt nun gar keine andere Wahl als der gemeinsame europäische Appell an die Reste von Vernunft.