Trump bietet Iran Zusammenarbeit gegen den IS an
Teheran bezeichnete Beschuss von US-Zielen im Irak davor als „legitim“
Bagdad/Washington/Teheran
– USPräsident Donald Trump schlug bei seiner Rede Mittwochabend zum aktuellen Konflikt mit dem Iran besänftigende Töne an. Er bot Teheran Zusammenarbeit, etwa gegen den gemeinsamen Feind IS, an. Auf unmittelbare militärische Schritte, zum Beispiel einen Gegenschlag nach dem Angriff des Iran auf von den USA angeführte internationale Truppen im Irak, verzichtete Trump.
Gleichzeitig kritisierte der USPräsident den Iran als destabilisierenden Akteur in der Region. Die USA würden eine atomare Bewaffnung des Landes niemals zulassen. Die Nato forderte Trump auf, sich im Nahen Osten verstärkt zu engagieren. Deutschland, Großbritannien,
Frankreich, Russland und China sollten das Wiener Atomabkommen mit dem Iran kündigen. Stattdessen müsse es eine neue Vereinbarung mit Teheran geben.
Zuvor war die Furcht vor einer weiteren Eskalation des Konflikts im Nahen Osten weiter angestiegen. 15 Raketen seien in der Nacht auf Mittwoch auf US-Ziele im Irak abgefeuert worden, hatte das iranische Staatsfernsehen gemeldet. Laut US-Militär wurden mindestens zwei irakische Militärstützpunkte getroffen, auf denen USTruppen und Soldaten der internationalen Militärkoalition stationiert sind. Opfer habe es nicht gegeben. (red)
Alles ist gut“hatte US-Präsident Donald Trump noch in der Nacht auf Mittwoch getwittert. Dabei schien zu diesem Zeitpunkt die weltpolitische Lage bereits alles andere als „gut“zu sein: Kurz zuvor waren zwei Stützpunkte der von den USA geführten Anti-IS-Koalition im Irak – der Luftwaffenstützpunkt Al-Assad westlich von Bagdad sowie ein Stützpunkt in Erbil in der Kurdenregion im Nordirak – mit Raketen der iranischen Revolutionsgarden unter Beschuss genommen worden. Der Angriff geschah zur selben Uhrzeit, zu der am Freitag der iranische General Ghassem Soleimani durch einen US-Drohnenangriff getötet worden war.
Die Reaktion aus Teheran war nach Ansicht der meisten Beobachter nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Am Mittwoch früh schließlich unterbrach das iranische Fernsehen sein reguläres Programm und berichtete, dass 15 Raketen auf US-Ziele im Irak abgefeuert worden seien. Das heizte international die Angst vor einer weiteren Eskalation an, hatte doch Donald Trump den Iran bereits im Vorfeld vor Gegenschlägen gewarnt und seinerseits mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht.
Widersprüchliche Angaben
Das „Alles ist gut“aus dem morgendlichen Präsidenten-Tweet dämpfte zunächst die Sorge, dass sich die Eskalationsspirale nun sehr rasch weiterdrehen werde. Und das, obwohl die Revolutionsgarden in einer ersten Stellungnahme behauptet hatten, dass bei dem Angriff 80 US-Amerikaner ums Leben gekommen seien. Dies wurde jedoch weder von den USA noch vom Irak bestätigt. Im Gegenteil: Aus US-Kreisen war zu vernehmen, dass es wohl überhaupt keine Opfer gegeben habe.
Am frühen Abend europäischer Zeit wollte der US-Präsident dann mit einer Rede vor die TV-Kameras treten, zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe ließ Trump mit seinem Statement allerdings noch auf sich warten.
Nach Angaben der Revolutionsgarden waren die Raketen aus iranischer Produktion als „GhiamRaketen“bekannt, die mehr als 800 Kilometer Reichweite haben und nicht vom Radar erfasst werden können. Inzwischen wurde verlautbart, dass der Iran den irakischen Premierminister Adel Abdel Mahdi zuvor über die Angriffe benachrichtigt hatte – was mittlerweile auch von irakischer Seite bestätigt wurde.
Die Revolutionsgarden hatten zunächst unterstrichen, dass der Angriff nur eine Warnung gewesen sei: Der Iran sei weiterhin bereit, jeden Stützpunkt in der Region, von dem aus er angegriffen würde, unter Beschuss zu nehmen. Auch der iranische Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei bezeichnete bei einer Rede in der Stadt Ghom den Beschuss der beiden Stützpunkte nur als „erste
Ohrfeige“und meinte, dies wäre noch nicht die Rache für den Mord an General Soleimani gewesen: „Erst wenn Amerika seine nicht willkommenen Kräfte aus der Region abzieht, werden wir von Rache reden“, so Khamenei.
Präsident Hassan Rohani verlangte ebenso wie der Religiöse Führer den vollständigen Abzug der USA aus der Region. Für Irans Außenminister Jawad Zarif handelte es sich bei dem Raketenschlag um „legitime Selbstverteidigung“. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete Zarif die Angriffe des Iran allerdings als beendet. Sein Land wolle keine Eskalation und keinen Krieg. „Aber wir werden uns gegen jede Aggression verteidigen“, so Zarif.
Verletzter Stolz
Hinter vorgehaltener Hand meint man im Iran, dass der Angriff auf die beiden Stützpunkte möglicherweise den verletzten Stolz des Landes nach der Ermordung Ghassem Soleimanis heilen sollte, und dass nun kein Anlass mehr bestehe, die Situation weiter anzuheizen. Demnach könnte der Weg zu einem Dialog nun geebnet sein. Zuvor hatten bereits die Nato und die EU vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Am Mittwoch riefen der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Tayyip Erdogan in einer gemeinsamen Stellungnahme nach einem Treffen in Istanbul alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf.
Ebenfalls am Mittwoch hat der Absturz eines ukrainischen Flugzeugs auf dem Flug von Teheran nach Kiew eine Welle der Bestürzung im Iran ausgelöst. Die meisten der 167 getöteten Passagiere waren Iranerinnen und Iraner (siehe Bericht unten). Erst einen Tag zuvor waren bei einer Massenpanik vor dem Begräbnis Ghassem Soleimanis in dessen Heimatstadt Kerman 57 Menschen ums Leben gekommen.
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