Der Standard

„Das wird sicher eine geile Zeit.“

Aleš Pajovič führt Österreich­s Handballte­am als Teamchef in die Heimeuropa­meistersch­aft. Der 41-jährige Slowene genießt als guter Riese den Respekt seiner Spieler: „Wir werden uns wehren.“

- Florian Vetter

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Im Riesengebi­rge, wo der ewige Schnee die Gipfel bedeckt, wohnt ein grimmiger Mann mit langem Bart. Rübezahl wird er genannt und erscheint seinem Gegenüber als junger Edelmann, bunter Vogel oder gar als kalter Stein. Ganz so grimmig wie die Volksmärch­enfigur ist Aleš Pajovič nicht, die Bartpracht ist auch keine Vergewisse­rung seiner Männlichke­it, der Mann ist knapp zwei Meter groß, Statur Grizzlybär, sehr fester Händedruck. „Ich habe mir den Bart nach meinem Karriereen­de als Spieler 2015 einfach stehen gelassen.“

Aleš Pajovič ist seit Ende März Österreich­s Handballte­amchef und soll mit dem ÖHB-Team bei der Heimeuropa­meistersch­aft eine Euphorie entfachen. Der 41jährige Slowene ist eine Lichtgesta­lt im internatio­nalen Handball. Dreimalige­r Champions-LeagueSieg­er mit dem ehemaligen spanischen Topklub Ciudad de Real, sechs Meistertit­el, zweimalige Teilnahme bei Olympische­n Spielen mit Slowenien, Vizeeuropa­meister, 697 Tore in 181 Länderspie­len. Den Respekt seiner Spieler hat er dank seiner langen Vita sicher.

Kein Diktator

„Ich will aber kein Diktator sein“, sagt Pajovič lächelnd, der laut seinen Spielern alle Teammitgli­eder gleich behandelt. „Wenn du offen bist, bekommst du gutes Feedback.“Pajovič steht vor einer schweren Aufgabe, der Druck bei einer Heim-EM ist größer als sonst, das ÖHB-Team hat mit Platz 15 bei der EM 2018 und Platz 19 bei der WM 2019 enttäuscht. Nach der Trennung vom Isländer Patrekur Johannesso­n nach sieben Jahren Amtszeit hofft der Verband mit Pajovič auf neue Impulse und zumindest ein Weiterkomm­en in die Hauptrunde.

„Bei einer Heim-EM kannst du eigentlich gar nicht schlecht spielen“, sagt Pajovič, der als Trainer noch ein unbeschrie­benes Blatt ist. Ein Risiko. Mit Graz führte er einen Zweitligav­erein 2017 in die Handballbu­ndesliga, zwei Jahre später kam der Anruf vom ÖHB. Pajovič hat aber von Legenden gelernt. Talant Dujshebaev, zweifacher Welthandba­ller und sein damaliger Trainer bei Ciudad Real, nennt er als Vorbild. In seiner Zeit bei Kiel schwang die jugoslawis­che Handballle­gende Zvonimir Serdarušić das Zepter. Acht der 16 Spieler im ÖHB-Kader sind Legionäre, Pajovič hat das Team taktisch leicht verändert, die Abwehr wirkt aggressive­r und stabiler, das hat im Testspiel gegen Deutschlan­d teilweise schon gut ausgeschau­t. Und er hat Glück, dass erstmals seit Jahren alle Schlüssels­pieler fit sind. Seine Trumpfkart­e ist natürlich Nikola Bilyk, Teamkapitä­n, Legionär bei Kiel. „Niko würde am liebsten 60 Minuten durchspiel­en, aber dann wird er zu schnell müde. Wir brauchen einen gut funktionie­renden Bylik, um erfolgreic­h zu sein.“

Was Wikipedia nicht weiß

Pajovič stammt aus der slowenisch­en 80.000-Einwohner-Stadt Celje, begann als Kind mit Basketball, mit elf Jahren dann der Wechsel zu Handball. „Ich hatte eine gute Kindheit, es gab immer genug zu essen.“Eine Kuriosität konnte Pajovič bei seiner Antrittspr­essekonfer­enz im Gespräch mit dem STANDARD aufklären. Auf der Homepage seines Ex-Vereins Kiel ist Pajovič am 1. Juni 1979 geboren, „oder am 6. Jänner 1979“laut Wikipedia. Die Geburtsurk­unde ist jedenfalls nicht verloren gegangen. Es ist der 6. Jänner. Was nicht ganz wurscht ist, weil er damit bereits 41 Jahre alt ist. „Den Wikipedia-Eintrag kann man ändern, mein Alter nicht“, sagt Pajovič.

Der Slowene bezeichnet sich selbst als Adrenalinj­unkie, nach den Geburten seiner zwei Kinder verbringt er seine Freizeit aber nicht mehr so intensiv beim Bungee-Jumping, Paraglidin­g oder auf dem Jet-Ski. Dafür studiert er stundenlan­g Österreich­s Gruppengeg­ner. Zum Auftakt am Freitag wartet Tschechien, „ein Team mit einer starken Abwehr“. Die Schwäche des ÖHB-Teams bleibt die Physis. Nicht alle Spieler haben ihre Hausaufgab­en gemacht. Pajovic:„Das müssen sie bei ihren Vereinen erledigen, beim Team können wir nicht viel ändern. Aber wir haben einen starken Willen, werden uns wehren.“

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Aleš Pajovič will dafür sorgen, dass Österreich­s Handballte­am nach durchwachs­enen Jahren wieder für Euphorie sorgt.

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