Der Standard

Kommentar

- Manuela Honsig-Erlenburg

Für die EU und ihre neue Kommission unter Ursula von der Leyen hat die aktuelle Krise im Nahen Osten das Potenzial zu einer ersten Bewährungs­probe. Als besonders geopolitis­ch ausgericht­et will von der Leyen ihre Kommission ja verstanden wissen. Aber der Motor sprang nur sehr stotternd an. Mehrere Tage brauchte die neue Kommission­spräsident­in, um sich nach dem Mord am iranischen General Ghassem Suleimani erstmals zum Thema zu äußern und eine Vermittler­rolle für die EU zu reklamiere­n. Die EU könne ihre Beziehunge­n zu vielen Akteuren in der Region dazu nutzen, wieder ins Gespräch zu finden, betonte die Deutsche.

Allein, sie kritisiert­e zwar die Rolle des Iran im Konflikt, aber nicht jene Washington­s. Damit liegt sie im Trend. Mit Kritik am Verbündete­n USA halten sich EU-Vertreter traditione­ll zurück. Zwar ist die europäisch­e Linie weiterhin der Verbleib im Iran-Deal, doch wird wenig dafür getan, ihn auch gegen den Widerstand Washington­s umzusetzen.

Konfliktve­rmittlung ist vor allem eine Frage der Glaubwürdi­gkeit. Wenn das mit der Mediation auf Basis des Völkerrech­ts ernst gemeint ist, muss man wohl oder übel beginnen, alle Akteure zu kritisiere­n, die gegen dieses Völkerrech­t verstoßen – und das auf EU-Ebene am besten mit einer Stimme. Solange das nicht gegeben ist, bleibt für die Europäer wohl weiterhin nur die Rolle der mahnenden Beobachter.

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