Gezerre ums Kopftuchverbot
Grüne gegen Vorstoß der ÖVP-Integrationsministerin
Wien – Für Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler sowie die Grünen-Klubchefin Sigi Maurer ist eine Ausweitung des Kopftuchverbots auf Lehrerinnen „nicht vorstellbar“, wie beide am Dienstag erklärten. Zuvor hatte die neue Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) ein solches nach dem geplanten Kopftuchverbot für Mädchen bis zu 14 Jahren als „möglichen nächsten Schritt“bezeichnet. „Über nächste Schritte nachzudenken steht jedem frei“, betonte Kogler und schränkte zugleich ein: „Mein Nachdenken bis hierher hat dazu geführt, dass wir hier einen Dissens hätten.“
Kanzler Sebastian Kurz stellte sich hinter Integrationsministerin Raab: „Es ist ihr gutes Recht als Ministerin, das so zu sehen, ich teile ihre Einschätzung auch.“Jedenfalls bedeute das, „dass es einen ersten Schritt gibt“.
Zeichnet sich hier schon ein erster handfester türkis-grüner Krach ab? Diese Frage war Thema bei einer STANDARD-Videodiskussion am Dienstag zwischen der grünen Klubchefin Sigi Maurer und dem stellvertretenden SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. Maurer ging noch einen Schritt weiter als Kogler und sagte, dass es mit den Grünen definitiv kein Ja zu einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen geben wird. Zugleich forderte sie Medien auf, nicht aus jedem Thema einen „Streit“zu machen. Grüne und ÖVP hätten sich nicht aufgegeben und ihre unterschiedlichen Positionen zu diversen Themen behalten. Daher werde es regelmäßig Diskussionsbedarf geben, das dürfe nicht ständig dramatisiert werden. Maurer pochte darauf, dass die grüne Handschrift im Regierungsprogramm auch abseits der Klimapolitik sichtbar sei, auch in Migrationsfragen etwa. So solle mehr „Hilfe vor Ort“geleistet werden, also in Entwicklungsländern, es gebe zudem eine vereinbarte Jobinitiative für Asylberechtigte.
SPÖ-Politiker Leichtfried dagegen sah abgesehen von netten Überschriften eine „Fortführung des türkis-blauen Kurses“, wie er sagte. „Kurz regiert weiter mit seinen engsten Freunden, ein paar andere dürfen bissi mit“, so Leichtfried. Seine konkrete Kritik: Für sozial Schwache schaue kaum etwas raus bei der neuen Regierung. Als Beispiel erwähnt er die Nichtabschaffung der gelockerten Regeln für den Zwölfstundentag, auch warnte er vor dem Ende der Hacklerregelung.