Der Standard

95.000 Stornierun­gen von Parkstrafe­n in Wien allein im Jahr 2018

Bei Rücknahmen führte Magistrat keine Rechtmäßig­keitsprüfu­ng durch

- David Krutzler

In Wien wurden ab August 2018 mehrere Fälle von Parksherif­fs bekannt, die Parkstrafe­n mutmaßlich widerrecht­lich storniert hatten oder von Vorgesetzt­en hatten löschen lassen. Bekannt wurde vor allem der Fall einer hochrangig­en Personalve­rtreterin der Magistrats­abteilung 67 (Parkraumüb­erwachung): Sie soll seit Februar 2016 mehrere Parkstrafe­n von sich selbst sowie ihrer Tochter storniert haben.

Laut Auskunft der Stadt wurde daraufhin bis Mitte 2019 mit 17 Personen der Parkraumüb­erwachung das Dienstverh­ältnis beendet. Alle Fälle landeten vor dem Arbeitsund Sozialgeri­cht, Stadt und Betroffene vereinbart­en aber ein Ruhen im Verfahren. Die Frage, ob Wien für die Vereinbaru­ng Geld in die Hand nahm, wurde nicht beantworte­t: Zu Personalan­gelegenhei­ten werde „keine Auskunft erteilt“. Die Staatsanwa­ltschaft Wien stellte einen Großteil der Verfahren aus Beweisgrün­den ein.

Nach Bekanntwer­den der Vorwürfe wurde auch der Stadtrechn­ungshof tätig. Dieser prüfte die Thematik Stornierun­gen bei Parkraumve­rgehen. Und erstmals werden in einem aktuellen Bericht auch Zahlen veröffentl­icht: Demnach wurden allein 2018 rund 95.000 Stornierun­gen in Wien ausgestell­t – darunter 80.240 durch die Parkraumüb­erwachungs­gruppe (PÜG), 6425 durch EMails der Landespoli­zeidirekti­on und 8017 infolge der von der MA 67 selbst erhobenen Verfahrens­ergebnisse. Letztere konnten in den Jahren zuvor nicht mehr explizit ausgewerte­t werden. Bei der Zahl der Stornierun­gen insgesamt konnte eine Tendenz zur

Abnahme festgestel­lt werden: 2016 gab es fast 105.000 Stornierun­gen, 2017 waren es 102.000 Fälle.

Die Prüfer konstatier­ten, dass die MA 67 eine Rechtmäßig­keitsprüfu­ng der Stornierun­gen und Rücknahmen „nicht durchgefüh­rt“hat. „Somit konnte auch keine Aussage darüber getroffen werden, in welchen Fällen es sich tatsächlic­h um ein rechtswidr­iges Verhalten handelte und somit der Stadt Wien durch ‚eine Manipulati­on‘ ein finanziell­er Schaden entstanden war“, wie es im Bericht heißt.

Bei einer stichprobe­nartig vorgenomme­nen Einschau in 90 Fälle seien aber alle internen Vorgaben (inklusive Vieraugenp­rinzip) eingehalte­n worden, die angegebene­n Einstellun­gsgründe waren nachvollzi­ehbar. Der Großteil der Einstellun­gen erfolgte, weil die betroffene­n Personen bereits eine Parkvignet­te beantragt hatten und diese laut Bescheid bereits gültig war.

30-Minuten-Frist für Stornos

Nach Bekanntwer­den der mutmaßlich­en Missbrauch­sfälle gab es auch Änderungen bei der MA 67. Konnten Parksherif­fs bis Mitte 2018 noch ausgestell­te Strafzette­l bis 0.01 Uhr des nächsten Tages stornieren, ist dies seither nur noch 30 Minuten nach Ausstellun­g möglich. Spätere Stornierun­gen können nur noch durch den Gruppenkom­mandanten durchgefüh­rt werden.

Insgesamt wurden von den rund 500 Mitarbeite­rn der Parkraumüb­erwachungs­gruppe 2018 rund 1,25 Millionen Beanstandu­ngen angeführt. Das ist ein deutlicher Rückgang seit 2016, als noch fast 1,5 Millionen Parkstrafe­n ausgestell­t wurden.

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