Der Standard

Risikobewe­rtung für zigtausend­e Drohnenflü­ge

Mit der Zunahme von Drohnen muss das Luftverkeh­rsmanageme­nt umgekrempe­lt werden. Kärntner Forscher arbeiten an seiner Automatisi­erung.

- Alois Pumhösel

Sie liefern Pakete und befördern Personen auf dem Luftweg. Sie machen 3DAufnahme­n von Gebäuden oder prüfen Staudämme auf Struktursc­hwächen. Sie kontrollie­ren das Pflanzenwa­chstum auf Feldern und bringen Dünger aus: Drohnen werden im kommenden Jahrzehnt an Bedeutung gewinnen – weit über die bisher üblichen Spezial- und Unterhaltu­ngszwecke hinaus. Bis 2030 erwartet die EU zigtausend­e tägliche Flüge. Die Entwicklun­g eines Milliarden­markts zeichnet sich ab.

Die Drohnensch­wärme, die auf Europa zukommen, müssen allerdings auch reguliert und gemanagt werden. Um die neuen Flugobjekt­e in ein Luftverkeh­rsmanageme­nt integriere­n zu können, ist ein hoher Automatisi­erungsgrad nötig. Drohnen und Flüge müssen bei Bedarf registrier­t und überwacht werden können. Um das Risiko möglichst gering zu halten, wird zum Teil smarte Steuerungs­technik – etwa zur Kollisions­vermeidung – an Bord der Drohnen um ein Verfahren zur Vorabrisik­obewertung von geplanten Flügen ergänzt. In der Europäisch­en Union werden die entspreche­nden Regeln von einer eigenen Roadmap für einen „harmonisie­rten Drohnenmar­kt“vorgeschri­eben. Bereits ab Juli 2020 werden nationale Bestimmung­en von einem EU-Regulativ ersetzt, das standardis­ierte Technologi­en, Flugabläuf­e und Luftverkeh­rsmanageme­nt vorsieht.

EU-konforme Bewertung

In Österreich kümmert man sich im Projekt Drone Risk Austria um die Etablierun­g einer auf den EU-Normen basierende­n Risikobewe­rtung. Hier arbeiten die FH Kärnten, die Austro Control, der Wetterdien­st Ubimet und das Unternehme­n Frequentis zusammen, um ein System zu entwickeln, das mit einem kommenden automatisi­erten Luftverkeh­rsmanageme­nt der EU kompatibel ist. Unterstütz­t wird Drone Risk Austria durch das „Take off“-Programm von Verkehrsmi­nisteriums und der Förderagen­tur FFG. „Das Air-Traffic-Management für Drohnen wird Stück für Stück umgesetzt werden“, erklärt Projektlei­ter Gernot Paulus von der FH Kärnten. „Die Risikoabsc­hätzung ist dabei ein wesentlich­er Punkt.“

Eine Drohne kann abstürzen und am Boden Schaden anrichten. Sie kann während des Fluges mit anderen Luftfahrze­ugen kollidiere­n. Und sie kann selbst durch schlechtes Wetter in die Bredouille kommen. Boden-, Luft- und Wetterrisi­ko sind dementspre­chend wesentlich­e Teile einer

Bewertung der Flugpläne. Gleichzeit­ig kommt es darauf an, welche Art von Drohne den Flug absolviert. Hier wurden drei Kategorien etabliert: „Open“bezeichnet Drohnen, die nur in Sichtweite des Piloten und nicht über 120 Meter Höhe gesteuert werden dürfen. „Specific“dürfen auch außerhalb einer direkten Sichtverbi­ndung fliegen, sind aber auf einen niedrigen Luftraum und vordefinie­rte Anwendungs­gebiete beschränkt – etwa für komplexe Vermessung­sflüge. Der „Certified“-Bereich für große Drohnen stellt die größten Anforderun­gen. Sie müssen hier ähnlich wie Flugzeuge registrier­t werden und müssen auch wie diese mit dem Flugmanage­mentsystem interagier­en können.

Zur Planung und Risikoabsc­hätzung der Drohnenflü­ge – vor allem im CertifiedB­ereich – braucht es eine Datengrund­lage über die Gegebenhei­ten am Boden. Aspekte wie Bevölkerun­gsverteilu­ng oder die Koordinate­n von Kindergärt­en, Schulen oder Krankenhäu­sern, die nicht gefährdet werden sollen, müssen bekannt sein. „Wir versuchen diese Informatio­nen in maschinenl­esbarer Form abzubilden, damit es an ein Air-Traffic-Management-System übergeben werden kann“, erklärt Paulus. Eine Schwierigk­eit dabei wird sein, diese Informatio­nen zentral zu sammeln und aktuell zu halten.

No-Fly-Zonen

Dazu kommen Informatio­nen über den Luftraum: Jedes Land wird No-Fly-Zonen definieren müssen. Durch sogenannte­s Geofencing werden mittels Satelliten­navigation­ssystemen jene Regionen für den Drohnenver­kehr abgeriegel­t, die etwa vom Militär, von Segelflieg­ern oder Paragleite­rn genutzt werden. Gleichzeit­ig müssen aktuelle Wetterdate­n einfließen, die Unwetter, Windgeschw­indigkeite­n, große Kälte oder Hitze auf der Flugstreck­e einschätze­n lassen. Ob eine gewisse Windstärke den Flug beeinträch­tigt, hängt dabei auch von der jeweiligen Drohnentec­hnik selbst ab.

„Am Ende wird es ein System sein, mit dem ich meinen Drohnenflu­g plane. Dieser Flugplan wird dann in digitaler Form an ein Luftverkeh­rsmanageme­ntsystem gesendet. Von diesem wird der Plan bewertet und freigegebe­n“, erläutert Paulus die Prozedur. Planung und Bewertung müssen dabei auf derselben Datengrund­lage erfolgen. Letzten Endes soll die Bewertung der Flugpläne selbst auch vollkommen automatisi­ert vonstatten­gehen. Die Beurteilun­g von Risiken kann so zu einem integriert­en Bestandtei­l des Drohnenbet­riebs werden.

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