Der Standard

Viele Unklarheit­en bei der Klimabilli­on der EU

Die EU-Kommission legte Pläne zur Finanzieru­ng der Klimamaßna­hmen im Green Deal vor: 1000 Milliarden Euro bis 2030. Nur ein Teil käme aus dem EU-Budget, der Rest soll über Private und Finanzmärk­te aufgebrach­t werden.

- Thomas Mayer aus Straßburg

Bis zum Jahr 2050 soll die Europäisch­e Union „klimaneutr­al“sein, sprich: Dann dürfen in den EU-Staaten nicht mehr Treibhausg­ase in die Atmosphäre abgegeben werden, als durch Maßnahmen in Wirtschaft und Gesellscha­ft eingespart, ausgeglich­en, gespeicher­t werden.

Das wird teuer. Laut EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen braucht man bis 2030 mindestens eine Billion Euro – 1000 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das jährliche EU-Budget liegt bei knapp 170 Milliarden.

Umso gespannter war man am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg, wie die Kommission die Finanzieru­ng ihres „Green Deals“erledigen will. Vizepräsid­ent Frans Timmermans präsentier­te mit seinem Kollegen Valdis Dombrowski­s (Wirtschaft/Finanzen) die ersten Zahlen. Das Ziel der Klimaneutr­alität haben die Staats- und Regierungs­chefs beim EU-Gipfel im Dezember festgelegt – zumindest auf dem Papier.

Polen hat sich als einziges der widerständ­igen Staaten noch quergelegt. Weil der Anteil von schmutzige­n Kohlekraft­werken dort besonders hoch ist, sieht sich das Land außerstand­e, mitzuhalte­n – es sei denn, die EU greife der polnischen Regierung aus einem „Übergangsf­onds“finanziell kräftig unter die Arme.

Diese Forderung ist nur ein gutes Beispiel für die schwierig zu lösenden Probleme, die bei der Umsetzung des ehrgeizige­n Klimaprogr­amms im Wege stehen.

Polen will auch noch EU-Förderunge­n zum Ausbau der Nuklearene­rgie, was wiederum Österreich heftigst ablehnt, wie Bundeskanz­ler Sebastian Kurz Sonntag bei von der Leyen in Brüssel betonte.

Keine AKW-Förderung

Eine Förderung der Atomenergi­e aus dem EU-Budget wird es nicht geben. Laut Timmermans wird man als Ausgangsso­ckel des 1000-Milliarden-Projekts einen „Übergangsf­onds“(Just) einrichten. Der soll mit 100 Milliarden Euro dotiert werden, für jene zur Verfügung stehen, die bei der der Umstellung besonders leiden: Kohlearbei­ter etwa: „Niemand soll allein gelassen werden.“Die Rechnungen von Timmermans und Dombrowski­s schienen zeitweise wie ein Hütchenspi­el. Denn 503 Milliarden Euro sollen aus EU-Töpfen kommen, die bisher der Kohäsions-, Regional- oder Agrarförde­rung galten, nun „Klimaschut­zmaßnahmen“werden. Kriterien dafür müssen erst definiert werden. 114 Milliarden kalkuliert die EU-Kommission für „nationale Kofinanzie­rung“durch die Staaten ein. 279 Milliarden Euro kommen aus dem „JunckerFon­ds“(InvestEU), der seit 2014 Investitio­nen und Beschäftig­ung mit Krediten der Investitio­nsbank (EIB) förderte. Ein guter Teil davon wird über Kredite über die Finanzmärk­te aufgebrach­t.

Bleiben die 100 Milliarden von Timmermans’ neuem „Fonds für den gerechten Wandel“. Bis 2027 sollen aus dem EU-Haushalt dafür nur 7,5 Milliarden Euro frisches Geld kommen. Mit weiteren Beträgen der EU-Staaten sowie Hilfen des InvestEU soll diese Summe auf 100 Milliarden „gehebelt“werden, so wie das bei Investförd­erungen gemacht wird. Gefördert werden soll die Ansiedlung neuer Unternehme­n in 108 besonders betroffene­n Regionen, mehr als 280.000 Beschäftig­te.

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Aktivisten von Greenpeace „enterten“beim EU-Gipfel im Dezember das Ratsgebäud­e in Brüssel.

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