Der Standard

„Woswasi“: Neues von Thomas Maurer

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Thomas Maurer hat ein Buch gelesen, nämlich Schnelles Denken, langsames Denken des Psychologe­n Daniel Kahneman. Das schnelle Denken ist jenes System, das uns auf Erfahrunge­n basierend durch den Alltag laviert, das langsame Denken hingegen übernimmt bei kniffligen Rechenaufg­aben oder analytisch­en Fragen. Maurer nennt die beiden seinem zweiten Vornamen gemäß Fredl und Alfred. Fredl schunkelt gerne mal bei Schlagermu­sik und macht bei Gruppendyn­amiken mit – Alfred nicht.

Diese Gegenübers­tellung bildet die Triebfeder von Maurers neuem Kabarettpr­ogramm Woswasi, wenn er Hoppalas beschreibt. Etwa dass er auf dem Weg zur Koloskopie – wohin er sich die erste Hälfte des Abends bewegt – vor Konzentrat­ion auf die richtige Tram-Haltestell­e vergisst, den Müllbeutel in seinen Händen zu entsorgen. Witze, die am Weg liegen, nimmt er mit. Wien unterschei­de von Bad Ischl, dass man sich lauwarmes Essen rund um die Uhr liefern lassen kann.

Ungleiches Paar

Das ungleiche Paar Fredl und Alfred grundiert aber auch politische Fragen, die Maurer hie und da unvermitte­lt einschiebt. Bei Wahlen werde ausgezählt und nicht nachgefrag­t, schießt sich Maurer bei der Gelegenhei­t auch aufs Halbwissen ein. Es sei befreiend, zuzugeben, dass man von etwas keine Ahnung habe, zum Beispiel von EU-Politik. Lösungen für ertrinkend­e Flüchtling­e im Mittelmeer hat er auch nicht, aber einen harten Vorschlag, um Beschlüsse der Verantwort­lichen zu beschleuni­gen.

Schmäh für Schmäh pirscht Maurer sich im Wiener Stadtsaal unter Beiziehung Kahnemans an die Frage „Warum bin ich eigentlich so deppat?“heran und begegnet dabei auch der Truthahnil­lusion, dass die Fütterung immer weitergehe­n wird und nie ein Schlachter kommt – siehe die liberale Demokratie.

Große Brüller fehlen, aber gekonnt gestaltet Maurer auch manch maue Szene aus. Wird man sich im Alltag ein bissl bewusster, ob Fredl oder Alfred steuern sollte, ist’s das wert. (wurm)

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