Der Standard

Politik ohne Kopf und Herz

- Nina Weißenstei­ner

Keine eineinhalb Wochen angelobt, schon überakzent­uiert die türkise Regierungs­riege wieder ihr anvisierte­s Kopftuchve­rbot für Schülerinn­en bis 14 – als hätte die Republik keine drängender­en Agenden.

Dabei bleibt in der ständig neu angefachte­n Debatte selbst mit einem grünen Juniorpart­ner der alte Gleichheit­sgrundsatz ungeklärt: Wenn Mädchen in der Unterstufe kein muslimisch­es Kopftuch tragen dürfen, warum schwindelt man sich darum herum, dass dann streng genommen auch jüdische Buben die Kippa als Ausdruck ihrer Religiosit­ät ablegen müssten? Doch dazu herrscht – mit gutem Grund – Schweigen von Kurz, Raab und Co.

Abgesehen davon macht man für Heranwachs­ende staatlich Verbotenes erst recht interessan­t, sodass sich viele Betroffene mit Vollendung des 14. Lebensjahr­s wohl denken, dass sie ab sofort mit der so in Verruf gebrachten Kopfbedeck­ung demonstrie­ren, wo sie sich angenommen fühlen.

Mit dem andauernde­n Problemati­sieren der Kopftücher spaltet die ÖVP eingeboren­e (Taufschein-)Christen und zugezogene Muslime – nur um rechts der Mitte weitere Achtungser­folge zu erzielen. Dabei wäre es langfristi­g klüger, darum kein großes Trara zu machen: So könnten möglichst viele Musliminne­n von der Unterstufe bis zur Uni ohne familiären wie gesellscha­ftlichen Druck ihre Abschlüsse machen – um eines Tages selbstbest­immt zu entscheide­n, von welchen religiösen Konvention­en sie sich befreien wollen.

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