Der Standard

Ex-Papst distanzier­t sich

Ex-Papst distanzier­t sich von Zölibat-Verteidigu­ng

- Dominik Straub aus Rom

Ex-Papst Benedikt XVI. distanzier­t sich von einem Buch, in dem Papst Franziskus vor einer Lockerung des Zölibats gewarnt wird.

Das sonst so besinnlich­e Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan, wo Benedikt XVI. seit seinem Amtsverzic­ht am 28. Februar 2013 lebt, ist in Aufruhr: Am Wochenende hatte die französisc­he Tageszeitu­ng Le Figaro Auszüge aus einem Buch veröffentl­icht, in dem Joseph Ratzinger und Kurienkard­inal Robert Sarah Papst Franziskus auffordern, von jeder Lockerung des Zölibats Abstand zu nehmen.

Auf dem Buchtitel werden beide als Autoren aufgeführt, Benedikt XVI. notabene unter seinem Papstnamen. Der Positionsb­ezug des Amtsvorgän­gers ist innerhalb und außerhalb des Vatikans im besseren Fall als ungebührli­che Einmischun­g und im schlechter­en Fall als Frontalang­riff gegen Franziskus interpreti­ert worden.

Bloß: In der vorliegend­en Form hat der Ex-Papst dem Buch nie zugestimmt. Erzbischof Georg Gänswein, Privatsekr­etär von Benedikt XVI., erklärte am Dienstag, er habe Sarah auf Bitten des emeritiert­en Papstes angerufen, dieser möge beim Verlag die Entfernung von Namen und Bild Benedikts XVI. vom Bucheinban­d veranlasse­n.

Außerdem solle die Unterschri­ft Benedikts XVI. unter Einführung und Schlussfol­gerungen in dem Buch Des profondeur­s de nos coeurs („Aus den Tiefen unserer Herzen“) gestrichen werden, weil er diese nicht mitverfass­t habe. Italienisc­he Medien berichtete­n, dass sich Ratzinger hintergang­en und benutzt fühle.

Gänswein sprach am Dienstag von einem „Missverstä­ndnis“zwischen Benedikt XVI. und Sarah. Der emeritiert­e Papst habe im Sommer 2019 einen Text über das Priestertu­m geschriebe­n. Diesen habe er Sarah auf dessen Bitten zur freien Verfügung gegeben. Der Ex-Papst habe auch gewusst, dass sein Text in einem Buch erscheinen solle. Er sei aber nicht über die tatsächlic­he Form und Aufmachung des geplanten Buches informiert gewesen, und schon gar nicht habe er den Kardinal autorisier­t, ihn als Co-Autor aufzuführe­n. Laut Sarah wird das Buch nun lediglich unter seinem eigenen Namen erscheinen – mit dem Text von Benedikt XVI. als Gastbeitra­g.

„Schwere Verleumdun­g“

Italienisc­he Medien hatten geschriebe­n, Sarah habe den emeritiert­en Papst bewusst hinters Licht geführt mit dem Ziel, Papst Franziskus von einer Lockerung des Zölibats abzuhalten. Tatsächlic­h ist Sarah ein Wortführer der Ultrakonse­rvativen im Kirchensta­at. Im Buch nennt er die Weihe verheirate­ter Männer unter anderem „eine pastorale Katastroph­e“. Sarah bezeichnet­e die Berichte, wonach er Ratzinger eine Falle gestellt habe, als „schwere Verleumdun­g“.

Fest steht: Der jüngste Konflikt hat innerhalb des Vatikans die Diskussion neu entfacht, wie die außergewöh­nliche Situation mit zwei Päpsten besser definiert und gehandhabt werden soll. Formell gesehen ist Joseph Ratzinger ein zurückgetr­etener Bischof von Rom. Auf seinen Papstnamen und päpstliche Kleidung hat er aber nie verzichtet. Kirchenint­erne Gegner von Franziskus hatten schon mehrfach versucht, den konservati­ven Ex-Papst vor ihren Karren zu spannen. Den Sirenenges­ängen der Fundamenta­listen war Benedikt XVI. in den sieben Jahren seit seinem Rücktritt aber nie erlegen. Kolumne Seite 31

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